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News vom 28.06.2021
„Wie denn nun weiter mit Russland – gehen Politik und Kultur unterschiedliche Wege?“ war die zentrale Frage eines Gesprächsabends mit Michael Kretschmer, Marion Ackermann und Hermann Parzinger am 10. Juni 2021.
SPK-Präsident Hermann Parzinger und der Bevollmächtigte des Freistaates Sachsen beim Bund, Staatssekretär Conrad Clemens, hatten zu dem Gesprächsabend eingeladen, der von der Journalistin Anastassia Boutsko moderiert und aus der Landesvertretung Sachsen gestreamt wurde. Angesichts der laufenden Ausstellungen mit russischen Partnermuseen, für die SKD und SPK verantwortlich sind, stand er ganz im Zeichen des deutsch-russischen Kulturaustausches. Dabei ging es auch um das Thema der Beutekunst.
Ministerpräsident Kretschmer brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass in den Beziehungen zu Russland in Politik und Kultur nicht unterschiedliche Wege gegangen werden, sondern es nur unterschiedliche Geschwindigkeiten seien. Wenngleich er hoffte, dass Russland als politischer Gesprächspartner nicht verloren ginge, so betonte er doch: „Kunst und Kultur sind eine Möglichkeit, zu sprechen, im Austausch zu sein, wenn andere Formen nicht möglich sind.“
Die Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Marion Ackermann, betonte, dass sie mit den russischen Partnern nach dem Prinzip „people to people“ arbeite und Brücken bauen wolle durch intensiven Austausch. Aktuell präsentiert sie gemeinsam mit der Staatlichen Tretjakow-Galerie die russisch-deutsche Gemeinschaftsausstellung "Träume von Freiheit. Romantik in Russland und Deutschland" in Moskau. Dabei werden Meisterwerke der Romantik aus Russland und Deutschland zum ersten Mal gemeinsam, direkt aufeinander bezogen und in einer gesamteuropäischen Perspektive gezeigt. Ab Oktober wird die Ausstellung in Dresden zu sehen sein. Ackermann betonte, es sei wichtig, tiefe Kenntnisse der Kultur des jeweils anderen zu haben. Zudem könne man durch die Kunst, durch die Form, wie man diese präsentiert, eine Art von durchaus auch aktuellem, tagespolitischem Kommentar sprechen.
Auch Hermann Parzinger, stellte – als Co-Vorsitzender der Arbeitsgruppe Kultur des Petersburger Dialoges – fest, dass dieser aktuell auf eine harte Probe gestellt werde, da kürzlich 3 deutsche Mitgliedsorganisationen des Petersburger Dialogs für politisch unerwünscht erklärt wurden. Der Dialog sei jedoch wichtig, er müsse fortgesetzt werden. Sein Fundament seien Vertrauen und Freundschaft auf Basis von Jahre langer intensiver Zusammenarbeit.
Bei den gemeinsamen Forschungen über Beutekunstbestände sei das Thema Rückgabe immer ausgeklammert worden, da dies die Sache der Politik sei. Ob dieses Vorgehen – konstruktiv zusammenzuarbeiten und die großen Konflikte auszuklammern – auch auf andere Bereiche übertragen werden könne, beantwortete Parzinger so:
„Ich denke, wir haben einen sehr guten Weg gefunden und gezeigt, wie man aus einem ernsthaften Problem etwas machen kann, was die betroffenen russischen und deutschen Museen heute enger verbindet als mit anderen Museen in der Welt. Bei dieser Verteilung der Kulturgüter kann man fast von shared heritage sprechen, wir sind gemeinsam für dieses Erbe verantwortlich. Wir können keine politischen Entscheidungen treffen, aber wir wollen zusammen diese Verantwortung annehmen. Das ist etwas, was natürlich auch auf andere Länder übertragbar ist. Wir sind gerade in der Debatte zu Sammlungen in kolonialen Kontexten, beispielsweise die Benin Bronzen. Ich bin vor drei Wochen auch in Benin gewesen, mit sehr guten Gesprächen, und auch dort ist es so: Wir wollen zurückgeben, weil klar ist, dass es ein koloniales Unrecht war, und umgekehrt haben wir dort auch von all unseren Gesprächspartner*innen, Regierungsvertreter*innen bis zum König von Benin, gehört: ‚Wir wollen aber auch mit Deutschland kooperieren, wir wollen nicht nur Dinge zurückbekommen, sondern wir wollen auch weiterhin, dass unsere Kunst in deutschen Museen gezeigt wird und wir wollen das vor allem zur Basis einer engen Zusammenarbeit machen‘.“
Für die Weiterentwicklung der Zusammenarbeit der SPK mit Russland sprach Parzinger noch einen Wunsch aus: Eine Ausstellung wie die Eisenzeit-Ausstellung, wo mehr als 80 Prozent sogenannte kriegsbedingt verlagerte Beutekunst gezeigt wird, auch einmal in Deutschland zeigen zu können. Derzeit kann eine solche Ausstellung wegen der unterschiedlichen Rechtspositionen nur in Russland gezeigt werden. „Wenn man das schaffen würde, eine solche Ausstellung einmal in Deutschland zu zeigen! Das wäre noch ein Schritt zu mehr Qualität im Austausch. Wenn man die Schliemann-Schätze und andere Dinge auch einmal beispielsweise im Neuen Museum bei uns hier in Berlin zeigen könnte und dann gehen sie wieder zurück. Das gehört auch zum shared heritage. Das ist das, was wir auch zu den kolonialen Beständen sagen: Zirkulation muss auch möglich sein, mit der Eigentumsübertragung ist nicht sofort alles gelöst. Das trennt ja oft, aber wenn die Dinge eine neue Form der Zirkulierung finden, verbinden sie noch mehr als vorher. Und Kultur muss verbinden, nicht trennen!“