Auf einen Blick: Das Humboldt Forum

09.10.2020Auf einen Blick: Das Humboldt Forum

Was ist das Humboldt Forum eigentlich? Was wird zu sehen sein? Wer ist mit dabei? Und was ist das Besondere? Alle Antworten auf einen Blick

Modell des Humboldt Forums
Gläsernes Modell des künftigen Humboldt Forums © SPK / Stefan Müchler

Was ist das Humboldt Forum?

Es geht um nichts Geringeres als Geschichte und Kultur der Welt in ihrer Ganzheitlichkeit: 2002 beschloss der Deutsche Bundestag den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses. In dem rekonstruierten Gebäude soll das Humboldt Forum entstehen - ein neues kulturelles Zentrum in Berlins historischer Mitte, in dem Wissenschaft und Kunst in den Dialog treten. Am Mittwoch, den 16. Dezember 2020 wird das neue Stadtquartier zunächst digital eröffnen und virtuell erlebbar sein.

Am 22. September 2021 öffnen dann auch die Westseite der zweiten und dritten Etage mit den Sammlungspräsentationen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin – in direkter Nachbarschaft zur Museumsinsel gelegen. Damit präsentieren sie sich auf Augenhöhe mit den Sammlungen zur abendländischen Kunst und Kultur. Zusammen machen sie es möglich, die Kunst- und Kulturgeschichte der Welt zu erleben. Dabei geht es neben der Entwicklung von Kultur und kulturellen Errungenschaften um die universale Auseinandersetzung des Menschen mit seiner Umwelt zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten. Damit steht das Humboldt Forum nicht nur räumlich in der Tradition der Berliner Wunderkammer, die bis zum 19. Jahrhundert im Stadtschloss zu finden war.

Die Kunstkammer

Im 16. Jahrhundert entstanden an vielen europäischen Fürstenhöfen sogenannte Kunst- und Wunderkammern. Ihr Anspruch lag darin, alle Elemente der Welt im Mikrokosmos einer Sammlung zu vereinen. Auch im Berliner Stadtschloss füllten einheimische wie nicht-europäische Objekte aus Natur und Kunst, Wissenschaft und Geschichte mehrere Räume. Ihre Besucher sollten die gesamte Welt durch das Betrachten, Ordnen oder Ausprobieren der unterschiedlichen Sammlungsgegenstände ergründen können. Die Sammlung war Archiv und Denkraum zugleich. Grundlegend ist Gottfried Wilhelm Leibniz Konzept eines Wissenstheaters, das er mit Blick auf die Kunstkammer des Berliner Schlosses entwarf. Für ihn barg die Kunstkammer mit ihrem Laborcharakter geradezu utopische Möglichkeiten für die Produktion und Vermittlung von Wissen. Im 19. Jahrhundert gingen die Kunstkammern in Museen oder Universitätssammlungen auf.

Die Humboldt Brüder

Die Brüder Humboldt sind die Namensgeber des Humboldt Forums. Wilhelm (1767-1835) beteiligte sich als preußischer Politiker an der Gründung von Universität und Museen. Die maßgeblich von ihm 1810 mitbegründete Humboldt-Universität zu Berlin verkörperte sein Ideal einer Einheit von Forschung und Lehre in fächerübergreifender Prägnanz. Zudem beschäftigte er sich als Pionier mit der Struktur der außereuropäischen Sprachen. Alexander (1769-1859) führte auf dem amerikanischen Kontinent grundlegende Forschung durch. Die Auswertung dieser Reise beschäftigte ihn ein Leben lang und machte ihn weltberühmt. Manche feierten ihn sogar als „wahren Entdecker Amerikas“ (Simon Bolivar). In seinem Hauptwerk "Kosmos" versuchte er eine Gesamtschau von Natur und der vielfältigen Beziehungen des Menschen zu seiner Umwelt; als einer der wenigen seiner Zeit klagte er Rassismus und Sklaverei an.

Das Humboldt Forum im Zeitraffer

Was wird zu sehen sein?

Das Rückgrat des Humboldt Forums sind die Sammlungen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin. Auf ca. 10.500 Quadratmetern präsentiert das Ethnologische Museum seine archäologischen und kulturhistorischen Sammlungsobjekte zusammen mit dem großen Bestand an Fotografien, Filmen und Tonaufnahmen. So werden den Besuchern neue Blicke auf die vergangenen und gegenwärtigen Kulturen Afrikas, Amerikas, Asiens, Australiens und der Südsee eröffnet. Die reiche Sammlung des Museums für Asiatische Kunst umfasst Kunst und Handwerk vom 5. Jahrtausend v. Chr. bis in die Gegenwart: ostasiatische Malerei und Grafik, Lackkunst und Keramik, die Kunst der Seidenstraße, frühindische Skulpturen und die spätere indische Malerei. Im Humboldt Forum werden auf 5.500 Quadratmetern erlesene Werke im Kontext ihrer gesellschaftlichen Entstehung und im direkten Gegenüber mit gegenwärtiger und globaler Kunst präsentiert. Hinzu kommt die Ausstellung des Landes Berlin, die den Austausch zwischen der Welt und Berlin ergründet. Außerdem gibt die Humboldt-Universität zu Berlin dem Thema Wissenschaft eine Bühne und macht sie als zentralen Bestandteil unserer Kultur für ein breites Publikum begreifbar. 

Lichthof des Museums für Völkerkunde © Foto: Ethnologisches Museum, Staatliche Museen zu Berlin

Geschichte Ethnologisches Museum

  • Ursprung: Brandenburg-preußische Kunstkammer im Berliner Stadtschloss
  • Ab 1855: Ethnografische Sammlung wird im Neuen Museum ausgestellt
  • 1869: Adolf Bastian wird Direktorial-Assistent der Ethnografischen Sammlung und treibt deren Ausbau kontinuierlich voran
  • 1873: Gründung eines „selbständigen ethnologischen und anthropologischen Museums in Berlin“ durch Direktor Adolf Bastian, der als Begründer der Ethnologie als akademischem Fach gilt
  • 1886: Eröffnung des Königlichen Museums für Völkerkunde an der Stresemannstraße mit rund 40.000 Objekten
  • 1926: örtliche Trennung der Bestände in Arbeitssammlung (in neuem Magazingebäude in Berlin-Dahlem) und Schausammlung (im Hauptgebäude Stresemannstraße)
  • Beginn 2. Weltkrieg: Auslagerung der Bestände an verschiedene Orte inner- und außerhalb Berlins 
  • Ab 1964: Ausbau des Gebäudes in Dahlem zu großem Museumskomplex, in dem die Sammlungen Altamerikas, der Südsee, Afrikas und von Teilen Ost- und Südasiens gezeigt werden
  • 1990er Jahre: Teile der sowjetischen Kriegsbeute kehren nach Berlin zurück (55.000 Objekte)
  • 2000: Das Museum für Völkerkunde wird in Ethnologisches Museum umbenannt
Vishnutische Gottheit (7. Jh.) / Stehender Buddha (3. Jh.)

Geschichte Museum für Asiatische Kunst

  • Das Museum für Asiatische Kunst besteht aus der Kunstsammlung Süd, Südost und Zentralasien (ehemals Museum für Indische Kunst) und der Ostasiatischen Kunstsammlung (ehemals Museum für Ostasiatische Kunst)
  • 1902-1914: Vier Expeditionen an die Seidenstraße, von denen die Turfan-Sammlung in die indische Abteilung des Völkerkundemuseums mitgebracht wird 
  • 1906: Museum für Ostasiatische Kunst wird als erstes seiner Art in Deutschland gegründet
  • 1924: Eröffnung der Ausstellungsräume für die ostasiatische Sammlung im Museum in der Prinz-Albrecht-Straße (heute Martin-Gropius-Bau)
  • 1945: 90 Prozent der Bestände des Museums für Ostasiatische Kunst gelangen als Beutekunst in die Sowjetunion.
    Nur 300 Objekte verblieben; sie wurden die Basis eines neuaufgebauten Museums
  • 1963: Die indische Abteilung wird aus der ethnologischen Sammlung des Museums für Völkerkunde herausgelöst und als eigenes Kunstmuseum fortgeführt
  • 1971: Präsentation der Sammlungen des Museums für Indische Kunst im Museumszentrum in Berlin-Dahlem
  • 1992: Zusammenführung der Sammlung für ostasiatische Kunst aus West- und Ost-Berlin in den Museen Dahlem
  • 2006: Museum für Indische Kunst vereinigt sich mit dem Museum für Ostasiatische Kunst zum Museum für Asiatische Kunst

Wer macht was?

  • Das Ethnologische Museum und das Museum für Asiatische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin geben einen Epochen und Kontinente umspannenden Überblick über die Kunst und Kulturen der Welt. Rund 20.000 Exponate aus den weltweit bedeutenden Sammlungen eröffnen in der zweiten und dritten Etage neue Blicke auf die vergangenen und gegenwärtigen Kulturen Afrikas, Amerikas, Asiens und Ozeaniens.
  • Die Berlin Ausstellung im ersten Obergeschoss des Humboldt Forums entsteht als Koproduktion von Kulturprojekte Berlin und dem Stadtmuseum Berlin. Auf 4.000 Quadratmetern erzählt sie, wie die Stadt, ihre Menschen und von ihr ausgehende Geschehnisse die Welt verändert haben, und wie zugleich globale Ereignisse auf Berlin wirken – damals wie heute. Es ist ein zeitgemäßer Blick auf die Stadt und ihre weltweiten Verbindungen.
  • Das Humboldt Labor ist ein Projekt der Humboldt-Universität zu Berlin. Die erste Ausstellung „Nach der Natur“ befasst sich mit der Wechselwirkung und Krise natürlicher und sozialer Systeme. Das Humboldt Labor ist eine Schnittstelle, ein Drehkreuz, in dem Debatten und Diskurse angeregt werden und neues Wissen entsteht. Es ist eine lebendige Ideenwerkstatt, in der Wissenschaft auf Kunst, Gesellschaft und Politik trifft, ein “HUB der Wissenschaft”.
  • Die Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss verantwortet die Ausstellung der „Geschichte des Ortes“. Kloster, Berliner Schloss und Aufmarschplatz, Palast der Republik und Kulturbaustelle – an kaum einem anderen Ort in Berlin haben sich in den letzten 800 Jahren gesellschaftliche, städtebauliche, politische und kulturelle Entwicklungen so verdichtet wie auf dem Schlossplatz. Das Humboldt Forum zeigt die diese Geschichte in mehreren Dauerausstellungsbereichen anhand zahlreicher originaler Objekte, Medienstationen und interaktiver Angebote.

Was ist das Besondere am Humboldt Forum?

Das Humboldt Forum ist ein Universalmuseum im 21. Jahrhundert. Es soll sich an alle Menschen richten  – unabhängig von Herkunft, Alter, Ausbildung, Interessen, Vorwissen oder Vorlieben. Deswegen geht es weniger darum, ein Tempel des Wissens als vielmehr ein partizipatives Labor zu sein, dass auf die Veränderungen der Gesellschaft reagiert. 

Es gilt hier, die globale Geschichte der Menschheit aus verschiedenen Perspektiven zu erzählen und neue Verflechtungen der Weltgeschichte zu zeigen. Die Auseinandersetzung mit der Erwerbungsgeschichte der Exponate aus aller Welt spielt bei der Neupräsentation der Sammlungen eine wichtige Rolle. Erklärtes Ziel des Humboldt Forums ist es, die repräsentierten Sammlungen in Kommunikation mit den Herkunftsländern, mit Kulturwissenschaftlern, Künstlern und Vertretern indigener Gruppen neu zu erschließen – nach dem Prinzip „Shared Heritage“. 

Shared Heritage

Leitlinie im Umgang mit jenen Objekten  der Sammlungen, deren Herkunft einen kolonialen Kontext hat. Dabei geht es darum, dass die Herkunftsgesellschaften Teilhabe an ihrem kulturellen Erbe bekommen, das von den Museen nur verwahrt wird. Bei der Präsentation der Objekte gilt die Leitlinie des multiperspektivischen Erzählens: Andere Sichtweisen als jene der europäischen Wissenschaftler sollen gezeigt und die verschiedenen Geschichten, die in den Objekten eingeschrieben sind, sichtbar gemacht werden – u.a. die Auswirkungen der Kolonialherrschaft.

Aztekische Sonnenscheibe des Ethnologischen Museums, Bahnhof Friedrichstraße, Zyklus „Dahlem goes to town“ (2012)
Aztekische Sonnenscheibe des Ethnologischen Museums, Bahnhof Friedrichstraße, Zyklus „Dahlem goes to town“ (2012) © SPK / Paul Kranzler

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