Verlorene Elfenbeinkanne wieder im Bestand des Berliner Kunstgewerbemuseums

Pressemitteilung vom 14.03.2013

Eine kostbare Elfenbeinkanne aus dem frühen 18. Jahrhundert gehört seit heute wieder zum Bestand des Kunstgewerbemuseums Berlin. Das Objekt war nach dem Zweiten Weltkrieg nicht von seinem Auslagerungsort nach Berlin zurückgekehrt und galt lange als verschollen. Das Prager Kunstgewerbemuseum, das das Stück ohne Wissen um dessen Herkunft 1965 erworben hatte, hat die Kanne nun dem Kunstgewerbemuseum Berlin zurückgegeben. Im Gegenzug übergab die Stiftung Preußischer Kulturbesitz einen Glaspokal, den sie nach dem Krieg ebenfalls gutgläubig erworben hatte. Der Pokal befand sich vor dem Zweiten Weltkrieg in der Sammlung des ehemaligen Nordböhmischen Museums, dem heutigen Severočeské Museum in Reichenberg / Liberec und wird künftig in Prag gezeigt.

Hermann Parzinger, Präsident der SPK, sagt dazu: „Ich freue mich sehr, dass die beteiligten Einrichtungen diese Lösung gefunden haben. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz versucht grundsätzlich, Werke, die aus dem Bestand ihrer Sammlungen stammen und seit dem Krieg verschollen sind, für ihre Häuser wiederzugewinnen. Auch anderen Einrichtungen ist das ein Anliegen. Der heutige Tausch der Objekte zeigt, dass in partnerschaftlicher Zusammenarbeit Lösungen gefunden werden können, die für alle Seiten zufriedenstellend sind. Ich halte ihn für ein gelungenes Beispiel für den verantwortungsvollen Umgang mit dem gemeinsamen europäischen Erbe.“

Helena Koenigsmarková, Direktorin des Prager Kunstgewerbemuseums UPM, erklärt: „Das UPM bemüht sich langfristig, seine Bestände auf Kunstgegenstände zu überprüfen, die in der Folge des Zweiten Weltkrieg ihren ehemaligen Besitzern unrechtmäßig entzogen wurden und heute als verschollen gelten. Bisher wurde in den Sammlungen des UPM nur ein solches Objekt entdeckt: die heute zurückgegebene Elfenbeinkanne von Maucher. Wir sind sehr glücklich über die gefundene Lösung, die ein Ergebnis der langjährigen freundschaftlichen und vertrauensvollen Kooperation zwischen beiden Museen in Prag und Berlin ist. Die Rückführung der Elfenbeinkanne an ihren Platz in Berlin und die Übergabe des Glaspokals an die staatliche Sammlung des UPM in Prag freut mich sehr.“

Bei der zurückgewonnenen Kanne handelt es sich um eine reich verzierte Schnitzarbeit des bekannten deutschen Elfenbein- und Bernsteinschneiders Johann Michael Maucher (1645-1701). Mauchers Arbeiten waren als reine Prunkstücke hoch begehrt bei fürstlichen Sammlern. Die Berliner Kanne aus Elfenbein stammt aus der Königlichen Kunstkammer. Ihre zugrunde liegende Gebrauchsform verschwindet hinter dem ausdrucksstarken Dekor, das aus bewegten Szenen mit großfigurigen Götterfiguren besteht, ergänzt durch Jagdszenen und Putten. Groteske Mischwesen bilden Henkel und Ausguss der Kanne. Das Objekt ist das einzige erhaltene Werk aus einer Reihe so genannter Waschgarnituren, die sich vor dem Krieg in der Sammlung des Berliner Kunstgewerbemuseums, des damaligen Schlossmuseums, befanden. Waschgarnituren bestanden immer aus einer Kanne und einem zugehörigen Becken. Das Becken zu der zurückgekehrten Elfenbeinkanne ist verschollen. Die Kanne wird in der Ausstellung des Kunstgewerbemuseums in Schloss Köpenick präsentiert. Das Kunstgewerbemuseum Prag hat sie bereits seit 2009 nach Berlin ausgeliehen.

Der reich dekorierte Glaspokal ist eine böhmisch/schlesische Arbeit aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Das kleinteilige geschnittene Dekor zeigt auf der einen Seite einen Panoramablick auf Amsterdam, darüber das Stadtwappen sowie das Wappen der Niederlande, umgeben von Schriftbändern mit dem lateinischen Namen der Handelsmetropole und zahlreichen Sinnbildern. Auf der Gegenseite befindet sich nochmals groß das Stadtwappen von Amsterdam zwischen Sinnbildern, die sich vor allem auf den Handel beziehen.

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