Rede des Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz Klaus-Dieter Lehmann anlässlich der Eröffnung des Bode-Museums

Pressemitteilung vom 17.10.2006

Sehr geehrte Damen und Herren,

als Kaiser Wilhelm II. am 18. Oktober 1904 das Museum eröffnete war es ein regennasser Tag, das Farbspiel vermittelten Uniformen, Talare und Ordensketten.
Heute hatten wir strahlendes Kaiserwetter, die Kaiserzeiten dagegen sind lange vorbei. Nobilitiert wird die Eröffnung heute durch die Grußworte des Bundestagspräsidenten, Norbert Lammert, als dem höchsten Repräsentanten unserer Volksvertreter und dem Staatsminister für Kultur und Medien, Bernd Neumann, als dem zuständigen Fachminister sowie durch die Anwesenheit zahlreicher Minister, Abgeordneter, Exzellenzen und Bürger. Diese Beteiligung zeigt die
zeitlose Gültigkeit des Bode-Museums und seiner Sammlung, das Farbspiel vermitteln die einzigartigen Exponate.

Ich begrüße sehr herzlich Herrn Bundestagspräsidenten Lammert und Herrn Staatsminister Neumann. Ich begrüße den Regierenden Bürgermeister, Klaus Wowereit, Herrn Minister Tiefensee, die Damen und Herren Abgeordneten, seine königliche Hoheit, Präsidenten, Intendanten und Generaldirektoren, die Architekten Tesar und Fischer, die Botschafter aus zahlreichen Ländern und weitere Exzellenzen und besonders Sie, meine Damen und Herren, Freunde der Museumsinsel, liebe Kollegen.

Nicht weniger als ein Wunder ist es, was wir heute erleben: die glanzvolle Wiedergeburt und Vollendung des Bode-Museums und die zeitgemäße Aneignung der Kunst des Abendlandes von der Spätantike bis zum Klassizismus in den großartigsten Meisterwerken einer weit gespannten Skulpturensammlung. Hinzu treten die Byzantinische Kunst als Bindeglied von Antike und Mittelalter und die beeindruckende Münzsammlung mit mehr als 500 000 Objekten.

1998 hatte sich die Skulpturensammlung mit einer letzten großen Ausstellung verabschiedet: „Riemenschneider auf der Museumsinsel.“ 1999 wurde das Haus geschlossen.2001 begann die Sanierung. Im November 2005 wurde der Bau übergeben. Jetzt eröffnen wir im Zeitrahmen und im Kostenrahmen von 152 Mio. €.
Das Haus hat uns nichts geschenkt und wir, die wir Verantwortung tragen, haben
uns nichts geschenkt. Für mich war es eine der intensivsten beruflichen Erfahrungen.
Das gilt sicher auch für alle anderen Beteiligten. Wir sind inzwischen mit dem
Haus zutiefst emotional verbunden.

Das Museum wurde im Krieg zu großen Teilen zerstört, in der DDR-Zeit notdürftig
hergerichtet. Hinter Stuck und Fassaden entwickelte sich ein dramatischer Bauzustand - dem Zusammenbruch nahe. Alle unsere Entscheidungen und Maßnahmen haben sich am Ende legitimiert: bauhistorisch, technisch-konstruktiv, denkmalpflegerisch und ästhetisch. Das Bode-Museum hat zu einer überzeugenden Identität gefunden, licht und heiter, mit überraschenden abwechselnden Raumfolgen, mit einer grandiosen Inszenierung der Mittelachse, stimmig bis ins kleinste Detail, ein Höhepunkt der Restaurierungskunst.

Der Zeitpunkt hat sicher dazu beigetragen, dass die architektonischen Qualitäten
dieses wilhelminischen Baus unbefangen und unabhängig von ideologischen
Scheuklappen herausgearbeitet wurden. Vor 15 Jahren hätte man möglicherweise
das Haus noch gegen den Strich gebürstet. Das war die Zeit als man glaubte, die
Museumsinsel könnte heutigen Ansprüchen nur dann genügen, wenn man einen
auftrumpfenden modernen Bau mit mäandernden Metallflächen - gegen die Insel -
zum neuen Wahrzeichen erhebt.

Intensive Debatten mit allen möglichen Denkmodellen und Gedankenspielen sind
bekanntlich dem endgültigen Ausstellungskonzept vorausgegangen. Sie waren ein
wichtiger Teil des internen intellektuellen Prozesses. Sachbezogen und unabhängig
von äußerer Einflussnahme sind die prägenden Elemente formuliert worden. Wir
haben uns unserer eigenen Position nachhaltig versichert. Bode verstehen, aber
nicht kopieren; den Skulpturen Raum zum Atmen geben und trotzdem den geistigen
Zusammenhang der jeweiligen Epoche vermitteln. Es ist ein großes Glück, das Ergebnis mit Ihnen allen teilen und genießen zu können. Nach 67 Jahren, nach den
Jahren des Krieges, nach Auslagerung, Verschleppungen, Zerstörungen und nach
den langen Jahren der Teilung können wir endlich die Fülle der Schätze ausbreiten.
Noch nie haben die hier versammelten Meisterwerke so viel Raum und ästhetische
Entfaltungsmöglichkeiten gehabt, noch nie gab es die Chance, die Aura der jeweiligen
Skulptur so unmittelbar in der persönlichen Begegnung zu erfahren und gleichzeitig
den Geist der Epoche zu begreifen, noch nie ist die Skulptur und der Raum ein
so inniges Verhältnis eingegangen.

Es ist eine Schule des Sehens, die freilich vom Besucher Konzentration verlangt, ihn
aber mit großem Gewinn entlässt. Keine Frage, hier wurde eine zeitgemäße moderne
Präsentation entwickelt, ein Paradigmenwechsel, der uns neue Blickachsen
auf alle Stilepochen des Abendlandes eröffnet. Kultur braucht Wissen, Geschichte
und Tradition. Berlin hat mit diesem Bode-Museum in der Welt etwas Unverwechselbares und Einzigartiges.

Ohne die große Kennerschaft, ohne den unbestechlichen Blick für Qualität von Wilhelm von Bode wäre ein solches Panorama der Kunst nicht möglich geworden. 1872 begann er seine Laufbahn bei den königlichen Museen, von 1905 bis 1920 war er Generaldirektor der Museen. Er hat den Sprung der Berliner Museen in die internationale Spitzenposition ermöglicht. Mit seiner ungeheuren Willenskraft hat er dieses Gebäude durchgesetzt, entstanden in enger geistiger Symbiose mit dem Architekten Ernst von Ihne und mit besonderer Förderung des Kaisers, Wilhelm II. Deshalb trägt es auch zu Recht den Namen „Bode-Museum“, den es im Jahr 1956 erhalten hat. Ich freue mich sehr in diesem Zusammenhang Mitglieder der Familie von Bode - die Urenkelgeneration - bei dem heutigen Festakt begrüßen zu können. Herzlich willkommen! Es führt jetzt aber auch wieder als Zusatz seine ursprüngliche Bezeichnung: Vormals Kaiser-Friedrich-Museum. Wenn uns auch dieser Kaiser, Friedrich III. der als Deutscher Kaiser und König von Preußen nur neunundneunzig Tage regierte, vom 12. März 1888 - 18. Juni 1888, nicht mehr sehr gegenwärtig ist, so erinnert sein Name im Zusammenhang mit dem Kaiser-Friedrich-Museums-Verein an
die große Zeit der Berliner Sammler und Mäzene, die sich 1897 im Kaiser-Friedrich-
Museums-Verein zusammenfanden, angeregt durch Wilhelm von Bode. Sie förderten
in beeindruckender Weise Kunst und Kultur und entwickelten so einen gewichtigen
Teil bürgerlicher Mitbestimmung. Stellvertretend sei hier James Simon genannt,
der seine Sammlungen großzügig den Staatlichen Museen widmete, besonders dem
Bode-Museum. Nur durch das bürgerschaftliche Engagement, vornehmlich jüdischer
Mäzene, haben die Staatlichen Museen ihre hochrangigen Sammlungen im späten
19. Jahrhundert und beginnenden 20. Jahrhundert aufbauen können. Deshalb befindet sich wohl auch nicht zufällig das Wappen der Medici, der großen Förderer der
Künste hier in der Basilika. James Simon und Wilhelm von Bode sind jeweils mit
Büsten im großen Treppenhaus vertreten.

Das neue Besucherzentrum und Eingangsgebäude soll künftig seinen Namen tragen:
James Simon Galerie.

Noch heute ist der Kaiser-Friedrich-Museums-Verein ein aktiver Förderer des Bode-
Museums und der Gemäldegalerie. Große Unterstützung erfährt die Museumsinsel
insgesamt durch das Kuratorium Museumsinsel, in dem sich etwa 20 deutsche Unternehmen zusammengeschlossen haben. Aber auch Privatinitiativen, wie die des
Ehepaares Haub oder die von Herrn Würth nahmen die Tradition des bürgerschaftlichen Engagements wieder auf.

Sieben Jahre nach der Verabschiedung des Masterplanes Museumsinsel haben wir
mit der Wiedereröffnung des Bode-Museums das zweite Museum nach der Alten
Nationalgalerie glanzvoll übergeben. In zwei Jahren folgt das Neue Museum mit der
Ägyptischen Sammlung und dem Museum für Vor- und Frühgeschichte, dann das
Alte Museum und schließlich das Pergamonmuseum.

Wir sind der Bundesregierung sehr dankbar für die Anerkennung des Masterplanes
und der gesicherten Finanzierung dieser größten Kulturbaustelle in Europa. Bis 2002
war auch das Land Berlin noch an der Baufinanzierung beteiligt.

Einen Wunsch würde ich heute gern äußern. Nach der kompletten Sanierung der
historischen Bauten ist als Teil des Masterplanes der Bau eines Besucherzentrums
vorgesehen. Sehr geehrter Herr Staatsminister, Sie setzen sich mit Nachdruck für
die Verwirklichung des Masterplanes ein. Helfen Sie uns mit Ihrem politischen Gewicht, die Budgetverantwortlichen zu überzeugen, dass das Besucherzentrum bald
benötigt wird, um unserem internationalem Publikum Information, Orientierung und
Gastlichkeit zu vermitteln, uns der Welt zu öffnen und gleichzeitig auch schonend mit
der historischen Substanz umzugehen. Mehr als 12 000 Menschen täglich werden
spätestens ab 2009 die Insel und ihre Museen besuchen. Das zeigt die Dringlichkeit
eindrucksvoll.

Dankbar sind wird der Bundesregierung und dem Land Berlin für die rechtzeitige
Fertigstellung der historischen Monbijou-Brücke. Sie verbindet das Scheunenviertel,
mit seiner lebhaften Oranienburgerstraße und den Hackeschen Höfen über die Museumsinsel mit Schlossplatz und der Prachtstraße Unter den Linden.

Zwei große Einfallstore im Norden und Süden markiert durch Bode-Museum und
Alte Nationalgalerie machen die Insel so zu einer städtebaulichen Attraktion ersten
Ranges.

Dann werden sich auf der Museumsinsel alle ein Stelldichein geben: Kunstliebhaber
und Geschichtsinteressierte, Architekturbegeisterte und Ästheten, Ausflügler, die die
Dampferfahrt unterbrochen haben, Touristen aus Europa und Übersee, Liebespaare,
die durch die Museumsgärten schlendern, Shopper und Jogger, die sich auf den
Bänken zur Spree erholen, Studenten aus der nahe gelegenen Universität. Es ist ein
wahrhaft urbaner Ort, keine Instanz und kein Nationaldenkmal sondern ein Teil von
uns.

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