Zur Rückgabeforderung der Türkei: die Sphinx von Hattuscha

Pressemitteilung vom 25.02.2011

Im Zusammenhang mit der Forderung der Türkei zur Rückgabe der Sphinx von Hattuscha erklärt Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz: „Die hethitische Sphinx aus Bogazköy (Hattuscha) ist bereits seit den 1930er Jahren Gegenstand von Rückgabeforderungen der Türkei. An der unterschiedlichen rechtlichen Einschätzung des Falles durch die deutsche und die türkische Seite hat sich seither nichts geändert. Neue Unterlagen, die die eine oder andere Sicht stützen könnten, liegen nicht vor. Doch gerade aufgrund der besonderen Qualität und Geschichte der deutsch-türkischen Beziehungen sollte nach neuen, konstruktiven Wegen bei der Lösung dieses Falles gesucht werden. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist für solche Wege offen, wenn sie die wissenschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern stärken. Lösungen sind dabei jedoch nur im Rahmen einer umfassenden Kooperation zwischen den Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz und türkischen Museen denkbar, über die sich die Fachwissenschaftler möglichst bald austauschen sollten. Die Drohung, deutsche Ausgrabungen in der Türkei zu schließen, die sich über Jahrzehnte größte Verdienste bei der archäologischen Erforschung Anatoliens erworben haben, schafft allerdings kein Klima, das die Suche nach einer positiven Lösung befördert.“

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz entscheidet Rückgabeersuchen stets in Abstimmung mit dem Beauftragten für Kultur und Medien und dem Auswärtigen Amt. Dabei haben neben fachlicher Expertise juristische und politische Aspekte ein entscheidendes Gewicht.

Die Sphinx von Hattuscha, dem heutigen Bogazköy, wurde 1907 bei türkischen Grabungen, an denen deutsche Archäologen beteiligt waren, gefunden. 1915/1917 wurden dieses Stück und eine weitere Sphinx sowie 10.000 hethitische Tontafeln zur Restaurierung und wissenschaftlichen Bearbeitung und Erforschung an das Vorderasiatische Museum nach Berlin geschickt.  Die Bruchstücke stammen aus einer Toranlage der hethitischen Hauptstadt und werden datiert auf den Beginn der 2. Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. (14./13. Jh.).

Die Toranlage mit beiden Sphingenskulpturen wurde in stark zerstörtem Zustand gefunden, durch Brandeinwirkungen war sie in zahlreiche Einzelstücke zersprungen. Die Skulpturenbruchstücke wurden in Berlin wieder zusammengesetzt und um fehlende Partien ergänzt. Die besser erhaltene Skulptur wurde 1924, zusammen mit den ersten Tontafeln, die insgesamt zwischen 1920 und 1942 bearbeitet, gereinigt und restauriert wurden, nach Istanbul zurückgegeben. Das Werk befindet sich heute im Altorientalischen Museum Istanbul.

Die zweite Skulptur wurde zusammen mit der Kopie des Istanbuler Gegenstücks als Torsituation in den Rundgang der Großarchitekturen im Pergamonmuseum integriert und steht damit seit 1934 als Zeugnis der hethitischen Hochkultur in Berlin. Seit 1935 war das Werk Gegenstand von wissenschaftlichen Publikationen. Erstmals 1938 wurde von türkischer Seite die Rückgabe der in Berlin befindlichen Sphinx gefordert. 1987 wurden die restlichen 7.000 Tontafeln, die kriegsbedingt in Berlin verblieben waren, von der damaligen Regierung der DDR an die Türkei übergeben. Nach der Wiedervereinigung intensivierte die Türkei die Rückgabeforderung zur Sphinx gegenüber dem Auswärtigen Amt.

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