Restitution eines verschollenen Gemäldes an die SPK

Pressemitteilung vom 23.09.2025

Am 23. September hat das belgische Abgeordnetenhaus ein Gemälde von Friedrich Nerly an die SPK zurückgeben. Es gehörte zur Sammlung der Alten Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin und galt bisher als Verlust infolge des Zweiten Weltkrieges

Das Gemälde „SS. Giovanni e Paolo in Venedig“ ist eines der wichtigsten Werke des deutschen Malers Friedrich Nerly (1807-1878) und zeigt eine Ansicht der Basilika Santi Giovanni in Venedig. Nach intensiven Recherchen von Sophie Wittemans, Kuratorin des Kunstbesitzes des „Palastes der Nation“, dem Sitz des belgischen Abgeordnetenhauses, stellte sich heraus, dass das Gemälde 1936 von der Alten Nationalgalerie an die deutsche Botschaft in Brüssel ausgeliehen wurde, von wo es nach dem Zweiten Weltkrieg verschwand und in den 1950er Jahren über den Sekwesterdienst in das belgische Abgeordnetenhaus gelangte. Sie entdeckte auch eine Signatur und Datierung Nerlys – gut verborgen als Inschrift auf einer Gondel. Der Eintrag der SPK auf lostart.de, wo das Gemälde als verschollen gemeldet war, unterstützte bei der Zuordnung.

Am 23. September wurde das bedeutende Gemälde von Kammerpräsident Peter De Roover in Anwesenheit des Deutschen Botschafters in Belgien an Gero Dimter, Vizepräsident der SPK und Anette Hüsch, Direktorin der Alten Nationalgalerie übergeben. 

Gero Dimter, Vizepräsident der SPK sagt: „Es ist immer ein besonderer Moment, wenn ein lange verschollen geglaubtes Werk zurückkehrt. Die SPK hat nicht nur etliche Werke restituiert, sondern hat auch schmerzliche Kriegsverluste zu verzeichnen. Wir freuen uns daher außerordentlich, dass die sorgfältige Provenienzforschung des belgischen Abgeordnetenhauses und die Entscheidung des Kammerpräsidenten dazu geführt haben, dass wir nun eines dieser vermissten Werke wieder in unsere Sammlung aufnehmen können.“

Kammerpräsident Peter De Roover erklärte: „Die meisten von uns sind schon einmal an diesem Gemälde vorbeigegangen. Manchmal hastig, manchmal langsamer, oder kurz innehaltend, um den wunderschönen Blick auf Venedig zu bewundern. Ich finde es ein wenig schade, dass dieses wunderschöne Gemälde das Abgeordnetenhaus verlässt, aber es ist dennoch eine Ehre und eine Freude, es wieder nach Hause zurückkehren zu sehen.“

Anette Hüsch, Direktorin der Alten Nationalgalerie erklärt: „Die Alte Nationalgalerie freut sich sehr über diese überraschende Rückgabe! Es ist eine überaus großzügige Geste des belgischen Parlamentes, getragen vom Geist der Freundschaft. Unser herzlicher, großer Dank gilt den vielen engagierten Personen, die diese Rückgabe auf belgischer Seite wollten und umgesetzt haben. Nerlys Werk ist für die Alte Nationalgalerie so etwas wie ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk: Zur Eröffnung unseres Hauses auf der Museumsinsel 1876 hatte es seinen Platz für lange Zeit in der Sammlung. Nächstes Jahr, anlässlich des 150-jährigen Jubiläums ihres Gebäudes, steht die Alte Nationalgalerie im Fokus auf der Museumsinsel - und das Werk wird wieder einer unserer Schätze sein!“

Über Friedrich Nerly

Der 1807 in Erfurt geborene Friedrich Nerly wuchs nach dem frühen Tod seines Vaters ab 1815 bei seinem Onkel in Hamburg auf, der seine künstlerische Begabung erkannte und förderte. Er wurde Lehrling in der lithographischen Werkstatt von Heinrich Joachim Herterich und Johann Michael Speckter. Dort lernte der junge Nerly den Mäzen Freiherr Carl Friedrich von Rumohr (1785-1843) kennen. Die Begegnung mit dem weitgereisten und bestvernetzten Kunsthistoriker, Kunstpädagogen und Amateurkünstler wurde für Nerly prägend. Rumohr nahm ab 1823 den 16-Jährigen zur weiteren Ausbildung bei sich auf Gut Rothenhausen bei Lübeck auf.

1827 begleitete Nerly seinen Mentor auf einer Reise durch Deutschland, u.a. nach Dresden und München. In Weimar besuchten sie Goethe. Im Frühjahr ging es nach Italien. Da Rumohr nach Deutschland zurückkehren musste, traf Nerly im Dezember 1828 ohne seinen Mäzen in Rom ein. Von dort aus bereiste der Maler in den nachfolgenden Jahren verschiedene Regionen Italiens. Der mit dem Namen „Nehrlich“ geborene Künstler nannte sich fortan „Nerly“.

1837 besuchte Nerly Venedig. Die Stadt am Meer mit ihren großartigen Bauwerken, den alten Palästen, Kirchen und Plätzen, mit ihren zahlreichen Brücken und Kanälen, muss ihn fasziniert haben. Im Januar 1838 bezog Nerly eine Wohnung im Palazzo Pisani am Campo San Stefano, wo er über vierzig Jahre wohnen, arbeiten und Gäste empfangen sollte. Er spezialisierte sich erfolgreich auf venezianische Stadtansichten. Die Ansicht der „Piazzetta in Venedig bei Mondschein“ wurde sein berühmtestes und am meisten nachgefragtes Werk. Nerly porträtierte nicht nur bekannte Gebäude und Plätze, als einer der ersten malte er die Lagune, den noch unerschlossenen Lido und viele unscheinbare Winkel Venedigs. Er wurde der prominenteste in Venedig ansässige ausländische Maler. Nerly erfand nicht nur ein neues Bild der Lagunenstadt, sondern etablierte auch die venezianische Freilichtmalerei. 

„SS. Giovanni e Paolo in Venedig"

In dem großformatigen, repräsentativen Gemälde hat der Maler eine Ansicht der Kirche SS. Giovanni e Paolo ins Zentrum gerückt (auch San Zanipolo genannt). Der knapp 100 Meter lange Bau zählt zu den größten und bedeutendsten Gebäuden der Venezianischen Gotik. Er wurde die Grablege der Dogen. Links neben der Kirche ist die prächtige Fassade der um 1500 errichteten Scuola di San Marco dargestellt. Rechts auf dem Platz vor den Gebäuden steht auf einem hohen Sockel das vom Sonnenlicht beschienene bronzene Reiterdenkmal des Condottiere Bartolommeo Colleoni von Andrea del Verrocchio. Auf dem Kanal sind Händler mit Schiffen und Booten unterwegs, an der Ufermauer liegen Gondeln. Auf dem Platz herrscht geschäftiges Treiben, mehrere Besucher strömen zum Eingang der Kirche. Nerly hat die reich verzierten Fassaden der historischen Bauten im Wechsel von Licht und Schatten subtil erfasst. Unter einem fast wolkenlosen blauen Himmel entfalten sich Pracht und Würde der geschichtsträchtigen Gebäude Venedigs.

Mit dem Hinweis im Katalog: „Im Besitz Sr. Maj. des Königs“ (Kat. 1249) war das Gemälde 1850 auf der Berliner Akademieausstellung zu sehen. Ein Jahr zuvor, im Jahr der Vollendung 1849, hatte Friedrich Wilhelm IV. das Werk erworben. Möglicherweise wurde das Bild vom König, der 1828 in Venedig weilte und davon tief beeindruckt war, beim Künstler bestellt. 1876 wurde das Gemälde anlässlich der Eröffnung der Nationalgalerie auf der Museumsinsel aus der kaiserlich-königlichen Sammlung an das Museum überwiesen (Vgl. NG-Kat. 1876, S. 148).

Pressefotos: https://www.preussischer-kulturbesitz.de/newsroom/presse/pressebilder.html 

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