Rückgabe aus dem Ethnologischen Museum an Native People in Alaska

Pressemitteilung vom 16.05.2018

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat heute neun Objekte aus der Sammlung des Ethnologischen Museums der Staatlichen Museen zu Berlin an die Chugach Alaska Corporation zurückgegeben. Stiftungspräsident Hermann Parzinger überreichte sie dem Vice President der Chugach Alaska Corporation, John Johnson im Beisein von Vertretern der amerikanischen Botschaft sowie des Auswärtigen Amtes. – English version: please find PDF below German text –

Bei den Objekten handelt es sich um Grabbeigaben von Native People aus dem Südwesten Alaskas. Sie waren unter jenen Objekten, die Johan Adrian Jacobsen, der zwischen 1882 und 1884 die amerikanische Nordwestküste und Alaska im Auftrag des damaligen Königlichen Museums für Völkerkunde (heutiges Ethnologisches Museum) bereiste, nach Berlin brachte. Alles deutet darauf hin, dass die Objekte aus einer Grabplünderung und nicht einer genehmigten archäologischen Grabung stammen. Vor diesem Hintergrund fiel im Dezember 2017 die Entscheidung zur Rückgabe entsprechend der Grundhaltung zum Umgang der SPK mit ihren außereuropäischen Sammlungen und der Erforschung der Provenienzen.

Hermann Parzinger, Präsident der SPK, sagte: „Die Objekte wurden damals ohne Zustimmung der Native People und damit unrechtmäßig aus Gräbern entnommen. Sie gehören deshalb nicht in unsere Museen..Ich freue mich besonders, dass diese Rückgabe nun aber nicht den Abschluss einer Zusammenarbeit markiert, sondern dass wir im Gegenteil den Austausch mit der Chugach Alaska Corporation im Zuge einer Kooperation noch intensivieren werden.“

John Johnson sagte: „Die Chugach freuen sich auf die künftige Zusammenarbeit mit den Staatlichen Museen zu Berlin, die zu unterschiedlichen Formen des Kulturaustausches führen wird. Ich bin stolz und auch sehr dankbar für all die Bemühungen, die diesen Traum wahr werden ließen.“.

Die restituierten Objekte werden künftig in der Chugach Community präsentiert, unter anderem im Rahmen des jährlich stattfindenden Chugach Spirit Camps, das dem Wissensaustausch zwischen den Generationen und den verschiedenen tribes, die sich heute zu den Chugach zählen, dient. Im Rahmen des aktuellen Besuches von John Johnson in Berlin wurde auch ein Memorandum of Understanding mit dem Ethnologischen Museum vorbereitet. Von beiden Seiten besteht Interesse, in den nächsten Jahren eine gemeinsame Ausstellung für das Humboldt Forum zu entwickeln, die als Wanderausstellung auch in Alaska gezeigt wird.

Grabbeigaben der Chugach

Bei den Objekten handelt es sich um Grabbeigaben aus Chenega Island und dem heute unbekannten Ort Sanradna (Soonroodna) in Kachemak Bay. Darunter befinden sich zwei zerbrochene Masken und eine Kinderwiege sowie ein Holz-Idol. Masken wurden nach Gebrauch meist verbrannt oder in Gräber gelegt, weshalb heute nicht mehr viele Masken der Chugach existieren. Die rote Farbe auf ihnen verweist auf den Begräbniskontext. Bei dem Holz-Idol handelt es sich vermutlich um eine schamanische Figur, die Menschen vor Gefahren und dem Tod schützen sollte. Insgesamt besitzt das Ethnologische Museum knapp über 200 Objekte der Chugach.

In der Chugach-Region in Südwest-Alaska lebten seit mehreren tausend Jahren Menschen, die sich als Sugpiaq oder Alutiiq bezeichnen und früher auch Pazifik-Eskimos genannt wurden. Vor etwa 1.000 bis 1.500 Jahren wanderten dann auch athabaskisch-sprachige Indianergruppen ein, die heutigen Dena’ina (früher Tanaina genannt). Heute leben die Alaskan Natives, die sich als Chugach bezeichnen, rund um den Prince William Sound und Cook Inlet. Sie leben in sieben Communities: Chenega, Eyak, Nanwalek, Port Graham, Seward, Tatilek and Valdez. Regelmäßige Kontakte zu Europa bestanden seit der Zeit des Zaren Peter des Großen.

Die Chugach Alaska Corporation (www.chugach.com) ist eine seit 1972 bestehende Interessenvertretung der Native People der Chugach Region in Alaska. Sie setzt sich unter anderem für die Bewahrung des kulturellen Erbes dieser Gruppen ein.

Rückgabe

Im November 2015 besuchte eine Delegation der Chugach Alaska Corporation das Ethnologische Museum, mit dem Ziel, eine Kooperation für zukünftige Projekte anzustoßen. Hintergrund war unter anderem das Projekt Llangaklluku Llucilerpet Cuumi: Becoming Aware of Our Beginnings, dessen Ziel es ist, eine virtuelle Sammlung aller Chugach Objekte weltweit anzulegen. Im Anschluss bat die Corporation das Ethnologische Museum um Unterstützung bei der Rückführung eventuell vorhandener Grabbeigaben der Region. Die Regierung der USA unterstützte das Rückgabeersuchen mittels einer Diplomatischen Note.

Die SPK prüfte entsprechend ihrer Grundhaltung zum Umgang mit ihren außereuropäischen Sammlungen und der Erforschung der Provenienzen sorgfältig, aus welchem Kontext die Grabbeigaben stammen, die sich im Ethnologischen Museum befinden. Im vorliegenden Fall deutet alles darauf hin, dass die Objekte aus einer Grabplünderung und nicht einer genehmigten archäologischen Grabung stammen. Aus den Reisetagebüchern von Adrian Jacobsen ist klar erkennbar, dass die Gräber nur zu dem Zweck geöffnet wurden, um deren Inhalte zu entnehmen. Es lagen keine behördlichen oder staatlichen Genehmigungen dafür vor, ebenso wenig war eine Zustimmung der Herkunftsgemeinschaft dokumentiert. Vor diesem Hintergrund fiel die Entscheidung zur Rückgabe.

Johan Adrian Jacobsen bereiste Ende des 19. Jahrhunderts für das Berliner Völkerkundemuseum die amerikanische Nordwestküste und Alaska. Der Direktor des Museums, Adolf Bastian, hatte ihn zum Zweck des Aufbaus einer Sammlung beauftragt, möglichst „originale“, von der europäischen Kultur unbeeinflusste Gegenstände zu sammeln. Jacobsen brachte rund 3000 Objekte von der Nordwestküste und rund 4000 Objekte aus Alaska nach Berlin. Sein Bericht über die Reise ist ein eindrückliches Zeitdokument. Es zeichnet sich allerdings weniger durch genaue ethnografische Beobachtung, denn als Abenteuererzählung eines hartgesottenen Draufgängers aus. Vor diesem Hintergrund wird die Reise des selbsternannten „Kapitäns“ auch im Zentrum eines Ausstellungsmoduls im Humboldt Forum stehen, im Sinne einer kritischen Betrachtung der Sammlungsgeschichte aus heutiger Sicht.

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