Ankauf zweier Aquarelle von Wilhelm Lehmbruck – beide Werke zuvor an die Erbin des ehemaligen Eigentümers Paul Westheim restituiert

Pressemitteilung vom 27.01.2012

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz übertrug kürzlich das Eigentum an den beiden Aquarellen „Susanna“ (1914) und „Mutter und Kind“ (1918) von Wilhelm Lehmbruck (1881–1919) an die Erbin des Kunstkritikers und Sammlers Paul Westheim, Dr. Margit Frenk. Die Werke wurden von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz für das Kupferstichkabinett angekauft.

Paul Westheim (1886-1963), ein bekannter Berliner Kunstkritiker, Herausgeber der 1917 gegründeten Monatszeitschrift „Das Kunstblatt" und Förderer der zeitgenössischen Kunst, war der Nationalgalerie eng verbunden. Er stellte in der Zeit der Weimarer Republik Bilder seiner eigenen Sammlung für Ausstellungen der Nationalgalerie zur Verfügung und übereignete ihr 1926 Pechsteins „Porträt Lotte Pechstein" von 1911, das in der Aktion „Entartete Kunst" beschlagnahmt wurde und heute verschollen ist. Mit Wilhelm Lehmbruck war Westheim gut bekannt. Nach dessen Selbstmord sorgte Westheim dafür, dass der Inhalt des Künstlerateliers über Jahre in der Nationalgalerie gelagert werden konnte. Westheim war aufgrund seiner politischen Überzeugung und seiner jüdischen Abstammung ab 1933 von Verfolgungsmaßnahmen des nationalsozialistischen Regimes betroffen. Im Februar 1933 diffamierte der „Völkische Beobachter" Westheim persönlich als „Kulturbolschewisten". Seine Monatszeitschrift „Das Kunstblatt" musste im März 1933 ihr Erscheinen einstellen. Seine Sammlung in Berlin zurücklassend floh Westheim im August 1933 nach Frankreich. Politisch gegen das NS-Regime in Exilblättern aktiv und in Paris unter Gestapo-Beobachtung, wurde ihm im Juni 1935 die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Danach sah er sich aufgrund der wirtschaftlichen Notlage, in die er im Exil in Paris geraten war, zum Verkauf der nun restituierten zwei Werke Lehmbrucks an die Nationalgalerie gezwungen.

Seine etwa 3000 Objekte umfassende Sammlung, darunter circa 50 Gemälde und Skulpturen, war nach Kriegsende teils verschollen, die beiden Werke „Susanna" und „Mutter und Kind" befanden sich im Bestand der Nationalgalerie Ost und waren somit von Rückgabeersuchen und Entschädigungsverhandlungen vor der deutschen Wiedervereinigung ausgeschlossen.

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist in dem vorliegenden Restitutionsfall zu dem Schluss gelangt, dass der Verkauf der beiden Werke ausschließlich aus dem Grund der durch Verfolgung und Emigration hervorgerufenen wirtschaftlichen Notlage Westheims erfolgt war. Sie hat die zwei Aquarelle daher, auf der Grundlage der Washingtoner Prinzipien und der von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz mitentwickelten „Handreichung" von 2001, an die Rechtsnachfolger Paul Westheims zurückgegeben. Die Erbin zeigte sich sofort bereit, beide Werke zu einem großzügigen Preis der Stiftung zum Kauf anzubieten. Deren Verbleib bei den Staatlichen Museen konnte damit gesichert werden. In den Provenienzangaben zu beiden Werken wird zukünftig stets auf deren Herkunft aus der Sammlung Westheim, auf die Restitution und den anschließenden Ankauf durch das Kupferstichkabinett verwiesen.

Hermann Parzinger, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, sagte hierzu: „Wir haben im Sinne der 1998 verabschiedeten Washingtoner Prinzipien entschieden und eine einvernehmliche Lösung mit der Erbin gefunden. Für ihre Bereitschaft, die zwei Werke an die Stiftung zu verkaufen, sind wir sehr dankbar. Es freut uns, dass die Bilder im Kupferstichkabinett verbleiben können, denn damit erhalten auch die Geschichte der Sammlung und das Schicksal Westheims in dem Museum, dem er sich verbunden gefühlt hatte, einen würdigen Platz."

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