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Bau und Schau: Was steht 2019 in der Staatsbibliothek an?
News from 01/07/2019
Barbara Schneider-Kempf, Generaldirektorin der Staatsbibliothek zu Berlin, berichtet im Interview von den Bauarbeiten an den beiden Häusern, dem geplanten Bibliotheksmuseum sowie den Schätzen, die dort ausgestellt sein werden.
Frau Schneider-Kempf, die Staatsbibliothek zu Berlin ist in einer Phase großer baulicher Veränderung und Erneuerung. Die Sanierung des Hauses Unter den Linden befindet sich in den Endzügen. Wie ist dort der Stand der Dinge?
Barbara Schneider-Kempf: Wir haben zwar einige Bauverzögerungen hinnehmen müssen, allerdings kamen diese durch die hohe Komplexität des Bauvorhabens sowie durch zwei besondere Komponenten zustande: Bauen bei laufendem Betrieb und Bauen im Bestand. Das Haus Unter den Linden, 1914 eröffnet, ist im Krieg stark beschädigt worden. In den Jahrzehnten danach wurde es nur notdürftig wieder hergerichtet, sodass ein Bibliotheksbetrieb möglich war, jedoch geschah darüber hinaus nichts. Man hat beispielsweise nicht untersucht, welche Folgen die Bombeneinschläge auf die Statik hatten. Ein weiterer gravierender Punkt war, dass das Gebäude auf Holzpfählen steht, so wie auch der Berliner Dom. Diese Pfähle waren aufgrund von Absenkung des Grundwassers in den 1960er/70er morsch geworden, in den 1990ern mussten sie alle durch tiefstehende Betonpfähle ersetzt werden. Als ich noch nicht in der Staatsbibliothek tätig war, habe ich einmal bei einer Führung diese Holzpfähle gesehen, sie lagen in den Innenhöfen, nachdem sie ersetzt worden waren. Jeder Laie konnte da sehen, dass sie nicht mehr lange standgehalten hätten, das Gebäude war in akuter Gefahr. Derzeit ist noch einiges zu tun, bis im August oder September 2019 endlich die Schlüsselübergabe an die Staatsbibliothek erfolgt. Die wollen wir im sogenannten Brunnenhof zelebrieren, der aufgrund des einst herrlichen Weinbewuchses und der Grünanlagen auf der Liste der Berliner Gartendenkmäler verzeichnet ist. Nach der Übergabe wird das Haus geschlossen, um die Umzüge von Beständen und Büros aus der Potsdamer Straße und aus dem Westhafen durchzuführen. Anfang 2020 ist dann fast alles fertig – bis auf unser neues Bibliotheksmuseum.
Was ist für das Museum genau geplant?
Es wird dort entstehen, wo heute der provisorische Eingang von der Dorotheenstraße her liegt. Auf einer Fläche von 885 qm werden eine Dauerausstellung, eine Fläche für Wechselausstellungen und die „Schatzkammer“ unterkommen. In der Schatzkammer werden natürlich die ganz wertvollen Stücke ausgestellt: Mozart, Gutenberg, Beethoven. Zum Beethovenjahr 2020 wird das Museum leider noch nicht fertig sein. Aber natürlich planen wir mit all den Beethoven-Highlights, die wir haben – etwa die Originalhandschriften der Sinfonien Nr. 4, 5, 8 und 9, die Klavierkonzerte Nr. 1-3 und 5 –, eine große Ausstellung, dann ein letztes Mal in der Potsdamer Straße.
Warum besitzt die Berliner Staatsbibliothek so viele Beethoven-Highlights?
Das ist zum einen der klugen Anschaffungspolitik meiner Vorgänger zu verdanken, zum anderen aber auch der Unterstützung durch die preußischen Könige und Kaiser Wilhelm II. Im 19. Jahrhundert war die Bibliothek zu Weltgeltung gekommen, sie hatte kluge Kustoden, die sich auf den Märkten umschauten und umsichtig Kontakte knüpften, und gleichzeitig auch so manchen Förderer. Natürlich musste man sich auch für diese einiges einfallen lassen, denn die Preußen hatten das Geld nicht immer locker in der Tasche sitzen. Der König oder der Kaiser konnten aber Titel verleihen – wenn also jemand sich großzügig gezeigt und eine besondere Schenkung gemacht hatte, bekam er dafür möglicherweise einen schönen Titel, und das war so manches Mal ein guter Anreiz. Einige unserer Sammlungen sind absolut unvergleichlich, etwa Musiksammlung: Die hat nicht nur reichlich Autographe von Beethoven vorzuweisen, sondern ebenso rund 80 Prozent der weltweit erhaltenen Bach-Autographe. Auch fünf der sechs Meisteropern von Mozart sind bei uns, Die Zauberflöte, die Hochzeit des Figaro und andere absolute Spitzenstücke, Kulturerbe von Weltgeltung. Aber auch unsere Sammlung orientalischer Handschriften, eines meiner persönlichen Lieblingsthemen, kann sich sehen lassen.
Zurück zu den Bauthemen: Wie geht es mit dem Gebäude an der Potsdamer Straße weiter?
Für die Grundinstandsetzung des Hauses haben wir im Oktober 2018 den Planungsauftrag bekommen, dieser wird in nächster Zeit in einem geeigneten Verfahren ausgeschrieben. Die Bauarbeiten werden zum größten Teil als Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes vonstattengehen, teilweise jedoch gibt es auch Ergänzungen zu entwerfen. Dieser Neubauteil betrifft den zweiten Eingang von der Potsdamer Straße. Wer das Haus kennt, weiß: Das Großartige daran ist die offene Architektur, die wir erhalten werden. Allerdings führt die Offenheit auch dazu, dass Lärm aus dem Foyer bis in den Lesesaal dringt – die Architekten werden also auch für dieses Problem Lösungen finden müssen. Aus Gründen des Denkmalschutzes muss aber die grundsätzliche Idee des Architekten Hans Scharoun erhalten bleiben. Und das ist auch gut so.
Die Fragen stellte Jonas Dehn.