Welfenschatz: amerikanisches Gericht entscheidet über Zulässigkeit der Klage

Pressemitteilung vom 31.03.2017

Die Klage auf Herausgabe des Welfenschatzes wurde vom U.S. District Court in erster Instanz in Teilen zugelassen. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die einen Antrag gestellt hatte, die Klage vollständig als unzulässig abzuweisen, wird nun die weiteren Möglichkeiten prüfen.

Im Februar 2015 wurde bei einem U.S.-amerikanischen Bundesbezirksgericht, dem U.S. District Court for the District of Columbia in Washington, D.C., eine Klage auf Herausgabe des Welfenschatzes eingereicht (Philipp and Stiebel vs. Federal Republic of Germany and Stiftung Preußischer Kulturbesitz). Die SPK ist der Ansicht, dass diese Klage nicht vor ein U.S.-amerikanisches Gericht gehört. Sie hatte daher mittels einer „Motion to Dismiss“ beantragt, die Klage abzuweisen. Am 31. März 2017 hat das Gericht diesem Antrag in einigen Punkten stattgegeben, die Klage aber in anderen Punkten für zulässig erklärt.

„Die SPK war und ist der Auffassung, dass dieser Fall nicht vor ein U.S.-amerikanisches Gericht gehört,“ sagte Hermann Parzinger, Präsident der SPK. „Wir werden uns die Entscheidung genau ansehen und die weiteren Schritte prüfen. Nachdem wir die historischen Fakten und den Hintergrund zum Welfenschatz-Verkauf gründlich erforscht haben, sind wir außerdem der Ansicht, dass die Klage auch in der Sache unbegründet ist, da der Verkauf 1935 kein NS-verfolgungsbedingter Zwangsverkauf war.“

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz setzt sich nachdrücklich für faire und gerechte Lösungen bei der Restitution von NS-Raubgut ein. Seit 1999 hat die SPK mehr als 50 Restitutionsbegehren bearbeitet und dabei mehr als 350 Kunstwerke und mehr als 1000 Bücher an die Berechtigten zurückgegeben. Darunter waren eine Zeichnung von Vincent van Gogh, eine Arbeit von Munch und „Der Watzmann“ von Caspar David Friedrich. Deutsche Museen und Einrichtungen insgesamt haben mehr als 14 300 Objekte als NS-Raubkunst zurückgegeben.

Die Frage, ob der Welfenschatz NS-Raubgut ist, wurde bereits vor der deutschen „Beratenden Kommission“ verhandelt, die 2014 zu dem Schluss kam, dass sie eine Rückgabe nicht empfehlen könne. Die SPK wird in dem U.S.-Verfahren von der Kanzlei Wiggin and Dana vertreten.

Zum Restitutionsverfahren

2008 kontaktierten einige Anspruchsteller – die angeben, die Erben einiger der Firmen zu sein, die zu dem Konsortium gehörten – die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die als Eigentümerin den Welfenschatz im Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen zu Berlin ausstellt. Die Anspruchsteller, zu denen auch die jetzigen Kläger gehörten, trugen vor, dass der Verkauf des Welfenschatzes unter Zwang erfolgt sei.

Die SPK führte eine intensive Untersuchung der Umstände des Verkaufes von 1935 durch. Ihrer Politik der Transparenz entsprechend teilte sie ihre Ergebnisse und die historischen Dokumente, die diese belegen, in umfassender Korrespondenz mit den Klägern. Aufgrund der Ergebnisse ihrer Untersuchungen kam die SPK zu dem Ergebnis, dass der Verkauf im Jahr 1935 freiwillig erfolgt war und ein angemessener, marktgerechter Preis erzielt wurde, deshalb eine Restitution des Welfenschatzes nicht angemessen wäre.

Im Jahr 2012 riefen die SPK und die damaligen Anspruchsteller, zu denen auch die jetzigen Kläger gehörten, im Welfenschatz-Fall gemeinsam die „Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter, insbesondere aus jüdischem Besitz“ an. 2014 kam die Kommission unter dem Vorsitz von Jutta Limbach (†) wie die SPK zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Verkauf 1935 nicht um einen verfolgungsbedingten Zwangsverkauf gehandelt habe und sie daher eine Restitution nicht empfehlen könne. Sie stellte fest: „Obwohl die Kommission sich des schweren Schicksals der Kunsthändler und ihrer Verfolgung in der NS-Zeit bewusst ist, liegen keine Indizien vor, die darauf hindeuten, dass die Kunsthändler und ihre Geschäftspartner in dem von der Beratenden Kommission zu beurteilenden speziellen Fall in den Verhandlungen – etwa von Göring – unter Druck gesetzt worden sind [...].“

Ergebnisse der Provenienzforschung der SPK zum Welfenschatz-Verkauf 1935

Im Jahr 1929 formierte sich ein Konsortium, dem erfolgreiche Kunsthändlerfirmen aus Frankfurt angehörten, um vom Herzog von Braunschweig-Lüneburg eine Sammlung mittelalterlicher kirchlicher deutscher Schatzkunst zu kaufen, die seit dem 17. Jahrhundert zum Eigentum des Welfenhauses zählte. Die Sammlung, die unter dem Namen Welfenschatz bekannt war, war ursprünglich der Reliquienschatz des heutigen Braunschweiger Doms. Das Konsortium plante, den Welfenschatz mit Gewinn weiterzuverkaufen. Wenige Wochen nachdem es einen hohen Preis für die Sammlung bezahlt hatte, brach die U.S.-Börse zusammen, was zu der mehrere Jahre andauernden Weltwirtschaftskrise führte. Mit den Börsenkursen fielen die Kunstpreise. Das Konsortium hatte in der Hoffnung auf einen substanziellen Profit ein Vermögen investiert, konnte jedoch keine Käufer für die gesamte Sammlung finden.

Das Konsortium kontaktierte Museen und Sammler in den Vereinigten Staaten von Amerika, in Deutschland und dem restlichen Europa, unter anderem das Metropolitan Museum of Art in New York. Es arrangierte sogar eine Tour der Sammlung durch die U.S.A. Nachdem es seine ursprüngliche Hoffnung, die Sammlung in ihrer Gesamtheit zu verkaufen, aufgeben mußte, begann das Konsortium, einzelne Objekte davon zu verkaufen. Die Käufer waren Sammler und Museen, unter ihnen das Cleveland Museum of Art. Nachdem das Konsortium jene Teile des Welfenschatzes, für die sich Interessenten fanden, verkauft hatte, brachte es den Rest des Welfenschatzes nach Amsterdam, während die Weltwirtschaftskrise weiter andauerte.

Fast zwei Jahre später nahm das Konsortium Verhandlungen mit einer deutschen Bank auf, die Interesse daran hegte, den verbliebenen Teil des Welfenschatzes für einen ungenannten Kunden zu erwerben. Beide Seiten legten Einstiegsangebote vor, und nach umfassenden Verhandlungen einigten sich das Konsortium und die Bank auf einen Kaufpreis, der etwa in der Mitte ihrer ursprünglichen Angebote lag. Am 14. Juni 1935 wurde der Verkaufsvertrag unterzeichnet. Das Konsortium erhielt, was vertraglich vereinbart war. In den folgenden 70 Jahren wurde der Verkauf nicht in Frage gestellt.

Weiterführende Links

zur Übersicht

Kontakt

 Ingolf  Kern
Ingolf Kern

Direktor der Abteilung für Medien, Kommunikation und Veranstaltungen

+49 30 266 411440

E-Mail

 Birgit  Jöbstl
Birgit Jöbstl

Referatsleiterin Medien, Kommunikation und Publikationen

+49 30 266 411445

E-Mail

 Stefan  Müchler
Stefan Müchler

Referent Presse

+49 30 266 411422

E-Mail