SPK restituiert sechs Bände aus der Staatsbibliothek an die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern

Pressemitteilung vom 23.03.2023

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat kürzlich sechs Bücher aus dem Bestand der Staatsbibliothek zu Berlin an die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern K.d.ö.R. restituiert. Die Bände stammen aus der ehemaligen Cossmann-Werner-Bibliothek der Kultusgemeinde, die einst mehr als 10.000 Bände umfasste.

Im Rahmen der Provenienzforschung der Staatsbibliothek zu Berlin konnten die sechs Bände anhand von Stempeln und Signaturen eindeutig der Cossmann-Werner-Bibliothek zugeordnet werden. Zwar ließ sich nicht mehr vollständig rekonstruieren, wie die Bände in den Besitz der Staatsbibliothek gelangten, da sie erst nach 1945 als Ersatz für Kriegsverluste eingearbeitet wurden. Für diese Bestände fehlen Zugangsunterlagen und damit Angaben über Herkunft und Einlieferer. Sicher ist aber, dass die Cossmann-Werner-Bibliothek in der Reichspogromnacht am 9. November 1938 geplündert und im Rahmen der von Reinhard Heydrich angeordneten „Konzentrierung der Judenbibliotheken“ nach Berlin überführt wurde. Vor diesem Hintergrund hat sich die SPK zur Restitution entschieden.

Die Cossmann-Werner-Bibliothek geht auf den ehemaligen Rabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) in München zurück. Cossmann Werner (1854 – 1918) wuchs als Sohn des Talmudisten und Hebraisten Philipp Werner in Posen auf. Zwischen 1872 und 1876 studierte er an der Universität Breslau, 1877 folgte die Promotion an der Universität Leipzig. Nach einer Tätigkeit als Gemeinderabbiner in Danzig wählte die IKG München Cossmann Werner 1894 zum Rabbiner. 1906 stiftete er seine wertvolle Bibliothek der Kultusgemeinde, die sie als Cossmann-Werner-Bibliothek der Öffentlichkeit zugänglich machte.

SPK-Präsident Hermann Parzinger erklärte: „Bei Restitutionen von NS-Raubgut stehen oft Kunstwerke im Fokus, aber natürlich wurden auch unzählige Bücher ihren rechtmäßigen Eigentümern entzogen. Aus der Staatsbibliothek konnten wir in den letzten 20 Jahren über 2000 Werke zurückgeben. Besonders freut es mich, dass wir jetzt auch Bände an die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern restituieren konnten, die dazu beitragen werden, brutal gerissene Lücken zu füllen.“

„Bald ein Jahrhundert, nachdem die Cossmann-Werner-Bibliothek von den Nazis geraubt wurde, bedeutet jedes Buch, das in unsere Gemeinde zurückkehrt, ein kleines Stück Gerechtigkeit: Jede Restitution steht für ein Stück Geschichte, das wieder seinen Platz findet. Ich danke deshalb der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die die Rückgabe dieser sechs Bände ermöglicht hat. Sie zeigt, dass Provenienzforschung und Rückgaben mit zunehmendem zeitlichen Abstand zur NS-Zeit nicht weniger wichtig werden – sondern im Gegenteil sogar noch dringlicher,“ so Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern.

Achim Bonte, Generaldirektor der Staatsbibliothek zu Berlin, bekräftigt: „Es werden noch beträchtliche Anstrengungen erforderlich sein, um erlittenes Unrecht bestmöglich zu mindern. Die Staatsbibliothek war während der NS-Zeit eine zentrale Verteilstelle für geraubte Bücher. Sie ist heute ein anerkanntes Zentrum der Provenienzforschung. Wir werden uns weiter nach Kräften für die Aufarbeitung unserer Bestände einsetzen.“

Bei den restituierten Bänden handelt es sich überwiegend um Zeitschriftenjahrgänge der Revue des études juives, die als Ergänzung für Kriegsverluste nach 1945 in den Bestand der Nachfolgeinstitutionen der Preußischen Staatsbibliothek im Ostteil Berlins gelangten. Obwohl für diese Bestände keine Zugangsunterlagen vorliegen, konnten die Bände im Projekt „Transparenz schaffen“ über eine systematische Überprüfung der Sachgruppe Judaica und Hebraica im Magazin gefunden und mit allen Provenienzspuren im Online-Katalog erschlossen werden. Über diese Provenienzdaten fand die IKG München die Exemplare und wandte sich an das Provenienzforschungsteam der Staatsbibliothek. Zusätzlich haben diese Bände wichtige Hinweise für die weitere Provenienzforschung gegeben: eine Identifizierung dieser Provenienz ist über handschriftlich eingetragene Signaturen auch dann möglich, wenn die leicht zuzuordnenden Stempel fehlen.

Pressebilder zum Download: www.preussischer-kulturbesitz.de/newsroom/presse/pressebilder.html

Provenienzforschung an der SBB:
provenienz.staatsbibliothek-berlin.de

Projekt „Transparenz schaffen“: sbb.berlin/aiex3k
 

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