Zeichnung von Jakob Philipp Hackert aus dem Kupferstichkabinett restituiert

Pressemitteilung vom 30.04.2019

Stiftung Preußischer Kulturbesitz gibt Zeichnung an die Erben des jüdischen Vorbesitzers zurück – Werk war 1939 in Notlage verkauft worden

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Gestern übergab die Stiftung Preußischer Kulturbesitz die Tuschpinselzeichnung „Auf Hiddensee“ (1764) von Jakob Philipp Hackert den Nachfahren von Friedrich Guttsmann. Im Rahmen der Provenienzforschung im Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin hatte sich herausgestellt, dass Guttsmann das Blatt vor dem Hintergrund seiner Verfolgung durch die Nationalsozialisten verkauft hatte.

Der Handelsvertreter und Kaufmann Friedrich Emil Guttsmann (Breslau 1888 – 1959 Ängelholm, Schweden) verlor 1936 aufgrund seiner jüdischen Abstammung sowohl seine Arbeit als auch seine langjährige Wohnung. Die finanzielle Notlage, in die er dadurch mit seiner Frau und den zwei Söhnen geriet, zwang ihn dazu, seine Wertsachen und große Teile seiner Wohnungseinrichtung zu verkaufen, darunter auch die Hackert-Zeichnung. Im Mai 1939 bot Guttsmann der Nationalgalerie die Zeichnung für 120,- RM zum Kauf an. Direktor Paul Ortwin Rave handelte noch eine Preissenkung aus, da die Zeichnung in recht zerknittertem Zustand sei, und bezahlte schließlich 100,- RM dafür.

Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, sagte anlässlich der Rückgabe: „Nachdem wir bei Überprüfung der Provenienzen der Sammlung der Zeichnungen auf die Vorgeschichte des Werkes gestoßen sind, haben wir Kontakt mit den Erben aufgenommen und die Rückgabe angeboten. Ich freue mich sehr, dass sie persönlich nach Berlin gekommen sind, um das Werk abzuholen.“ Im Rahmen des Provenienzforschungsprojektes zur „Sammlung der Zeichnungen“ am Kupferstichkabinett wurden in drei Jahren rund 1200 Werke überprüft. Fünf weitere Werke konnten seitdem an die Erben jüdischer Vorbesitzer restituiert werden, bei einigen anderen hat die SPK bereits Kontakt zu Berechtigten aufgenommen.

Friedrich Guttsmann war von 1919 bis 1927 Mitinhaber und Direktor des „Metallhüttenwerks Kurt Guttsmann AG“ in Berlin gewesen, anschließend Inhaber der „Berliner Kranzbandfabrik GmbH“. Nachdem diese 1932 von einer Krefelder Seidenweberei übernommen wurde, arbeitete er bis zu seiner Kündigung 1936 als deren Generalvertreter. Er überlebte die NS-Zeit unter anderem wegen seiner als „privilegierte Mischehe“ deklarierten Verbindung mit Henrietta Franziska Guttsmann, geb. Hosemann. Mit ihr und den zwei Söhnen zog er zunächst in die Wohnung seiner Schwie-germutter in Steglitz. Hier versuchten die Nachbarn, ihm die Übernachtung verbieten zu lassen. Mit Unterstützung des Pfarrers Birger Forell konnten die Söhne der Guttmanns im April 1939 nach Schweden ausreisen. 1942 wurde das Ehepaar jedoch unter Androhung der Deportation gezwungen, den jüngeren Sohn zurückzuholen. Aus dem Arbeitslager, in das der junge Mann 1944 eingewiesen wurde, konnte er 1945 flüchten, wurde jedoch nach Kriegsende von den sowjetischen Besatzern verhaftet und in ein Lager verbracht. Ende 1947 wanderte er erneut nach Schweden aus. Auch Friedrich und Henriette Guttsmann emigrierten 1948 nach Schweden, wo sie aufgrund ihres Alters und Krankheit nur noch einfache Tätigkeiten ausüben konnten. Friedrich Guttsmann starb 1959, seine Witwe Henriette 1977.

Die Tuschpinselzeichnung „Auf Hiddensee“, 1764, stammt von Jakob Philipp Hackert (1737, Prenzlau – 1807, bei Florenz), der als einer der berühmtesten Landschaftsmaler des Klassizismus gilt. Er studierte zunächst an der Königlichen Akademie in Berlin, später in Paris. Ab 1768 lebte er in Italien, zunächst in Rom, von wo aus er zahlreiche Reisen unternahm und sich einen ausgezeichneten Ruf erwarb. 1786 wurde er zum Hofmaler des Königs von Neapel berufen. Dort traf er auch Johann Wolfgang von Goethe, dem er Zeichenunterricht erteilte. 1799 floh er vor der französischen Besatzung nach Florenz. Die restituierte Tuschpinselzeichnung entstand direkt nach Hackerts Berliner Jahren, als er im Auftrag des schwedischen Regierungsrats Adolf Friedrich von Olthof nach Stralsund, Rügen und Stockholm reiste. Die Zeichnung aus der Frühphase des später so produktiven Hackert zeigt eine Ansicht der Insel Hiddensee nahe Rügen. Jakob Philipp Hackert gilt als „Entdecker“ dieser Ostseeregion für die Landschaftsmalerei. Erst in seiner Nachfolge machten sich Caspar David Friedrich, Philipp Otto Runge oder Karl Friedrich Schinkel diese nördliche Gegend zum Sujet.

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