Festakt „50 Jahre Stiftung Preußischer Kulturbesitz“ am Freitag, dem 7. September 2007, um 11 Uhr im Konzerthaus Berlin am Gendarmenmarkt

Pressemitteilung vom 07.09.2007

Dank Prof. Dr. h.c. Klaus-Dieter Lehmann Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz - Es gilt das gesprochene Wort -

Es ist ein bewegender Augenblick, hier auf der Bühne des Konzerthauses stehen zu dürfen und Dank sagen zu können. Dieses Haus, 1821 eröffnet, ist nicht nur festlich, sondern hat auch die gleichen Wurzeln wie wir. Es ist demselben überragenden Baumeister zu verdanken, der mit dem Alten Museum 1830 den Beginn der Museumsinsel markierte – Karl Friedrich Schinkel.

Wir haben inzwischen dramatische Entwicklungen hinter uns.

Im November 1943 und im Februar 1945 setzten die Kampfbomber die preußischen Museen und Bibliotheken in Berlin in Flammen und machten sie zum Trümmerfeld. Die antiken Großarchitekturen stürzten ineinander, die in Flakbunkern ausgelagerten Sammlungen wurden verschleppt, geplündert oder beschädigt. Preußen wurde auf Beschluss des Alliierten Kontrollrates liquidiert. Deutschland und Berlin wurden geteilt und zum Vorposten des Kalten Krieges.

Heute, 60 Jahre nach der Auflösung Preußens und 50 Jahre nach der Gründung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist der Weltort für Kunst und Kultur wieder aus der Asche entstanden, nicht als erkaltetes Geschichtsbild, sondern als lebendiger Vogel Phoenix, ein Sehnsuchtsziel für Millionen von Menschen aus aller Welt.

Ihre Anwesenheit, sehr geehrter Herr Bundespräsident, schafft ein markantes kulturpolitisches Signal für dieses Ereignis. Das allein wäre aber nur ein Erfolg für den Tag! Sie haben über den Tag hinaus die zentrale Bedeutung der kulturellen und intellektuellen Überlieferung in den Mittelpunkt gestellt, und keinen Zweifel gelassen, dass es sich lohnt, in eine nationale Institution wie die Stiftung Preußischer Kulturbesitz zu investieren, um einen Kristallisationskern für die eigene Identität zu haben, die Dialogfähigkeit mit anderen Kulturen zu stärken und Voraussetzungen für Offenheit und Inspiration zu schaffen. Kultur braucht Wissen, braucht Geschichte und Tradition. Keine Gesellschaft kann ohne Bezug zur Vergangenheit auskommen, keine Gesellschaft kann sich aber auch ohne kulturellen Austausch entwickeln.

Sehr geehrter Herr Bundespräsident, wir nehmen den Auftrag, als kultureller Motor des urbanen Wandels zu wirken, gern und freudig auf. Wir haben alle Chancen, uns als Agora einer dynamischen Gesellschaft zu beweisen. Kunst und Kultur, Wissen und Bildung sind mehr denn je gefordert.

Es mag ein Zufall sein, dass das 50-jährige Jubiläum der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zusammenfällt mit dem 200-jährigen Jubiläum der größten Reformzeit Preußens 1807. Aber dann ist es ein sehr beziehungsvoller Zufall. Die Reformer Stein, Hardenberg, Scharnhorst und Humboldt schufen den Übergang vom Ständestand zur modernen Gesellschaft nicht nur durch neue rechtliche Rahmenbedingungen, sondern durch ein gesellschaftliches Leitbild, das die Bildung in den Mittelpunkt rückte. Das war das dynamische Modernisierungsmerkmal schlechthin. Aus diesem Geist entstanden  auch die Museen und die Staatsbibliothek, Einrichtungen, die Weltruf erlangten, getreu dem Humboldt-Schinkelschen Grundsatz „Erst erfreuen - dann belehren.“ Wir sind Kinder dieser Revolution von oben. Noch heute spürt man diesen Geist auf der Museumsinsel mit der gebauten Programmatik von Schinkel und Stüler.

Preußen nicht nur als Verhängnis, sondern als einzigartige Chance, das Leben auf Bildung und Kultur, Wissenschaft und Kunst zu fokussieren, Offenheit und fachliche Neugierde zu stimulieren und die Ästhetik der Weltphänomene zu begreifen.

Wir haben eine zweite Chance erhalten, diesen Kosmos der Bücher, Bilder, Schriften und Töne wiederherzustellen, zu ergänzen und zu pflegen und ihn in die Mitte der Gesellschaft zu tragen.

Ermöglicht wurde das zum einen durch das weitsichtige und modern formulierte Errichtungsgesetz für die Stiftung von 1957 mit der damals schon mitgedachten Wiedervereinigung Deutschlands und dem Einigungsvertrag von 1990, der den Bund und allen sechzehn Ländern die Teilhabe an dieser nationalen Stiftung ermöglichte. 1992 wurde damit das Erbe Preußens über verschiedene Phasen endgültig in unsere Verfassungswirklichkeit des kooperativen Föderalismus überführt – eine politische Entscheidung, für die man zutiefst dankbar sein muss.

Der Weg der Stiftung führt zu Recht über die Geschichte, ihr Aufbruch über Kunst und Wissenschaft.

Der Stiftungsrat, dessen Vorsitz beim Bund liegt, bis 1998 beim Innenminister, ab dann beim Staatsminister für Kultur und Medien, und dem alle Länder angehören, war und ist für uns der große Ermöglicher – ein Gremium, das sich nicht auf die Aufsicht und die Grundsätze beschränkt, sondern leidenschaftlich Anteil nimmt an den Entwicklungen, fordernd, fördernd, aber auch anerkennend, mutig und weitreichend in seinen Entscheidungen. Dem jetzigen Staatsminister, Bernd Neumann, ist es gelungen, die Prioritätensetzung seiner Vorgänger für den Stiftungsetat nicht nur fortzusetzen, sondern das Baugeschehen noch zu beschleunigen. Wir sind zutiefst dankbar und wir freuen uns, dass so viele Stiftungsratsmitglieder heute anwesend sind, auch ehemalige Vorsitzende, wie Herr Baum und Frau Dr. Christina Weiss.

Herausragend für die Stiftung war die Entscheidung des Deutschen Bundestages im Juni 1999 für die gesamte Sanierung der Museumsinsel als UNESCO-Weltkulturerbe 1,5 Milliarden € zur Verfügung zu stellen.

Vollendet wird darüber hinaus die Staatsbibliothek Unter den Linden mit dem Großen Lesesaal (2008), die Speicherstadt in Friedrichshagen für Depots und Werkstätten sowie die Museumshöfe.

Im Juli 2007 beschloss das Bundeskabinett auf der Grundlage der Befassung des Bundestages die Errichtung des Humboldt-Forums auf dem Schlossplatz für die außereuropäischen Kulturen. Die Gleichwertigkeit der Kulturen wird in der Mitte Berlins zum Programm. Die Museumsinsel als humanistische Bildungslandschaft verknüpft mit dem Namen Wilhelm von Humboldt verbindet sich zum Weltort für Kunst und Kultur durch das vom Denken und Wirken von Alexander von Humboldt initiierte Vermitteln der außereuropäischen Kulturen.

Für die programmatischen Entscheidungen der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages sowie der Länder möchte ich sehr herzlich danken.

Danken möchte ich allen, auf deren Schultern wir aufsetzen konnten, die vorgedacht und vorgeplant haben, die uns auf dem nicht immer einfachen Weg beigestanden und manchen Stein weggeräumt haben. Stellvertretend möchte ich meine beiden Vorgänger nennen, Hans-Georg Wormit und Werner Knopp, die  entscheidende  Weichen gestellt haben.

Wir gehören heute nicht nur zu den größten Kulturorganisationen weltweit, wir sind auch Europas größte Kulturbaustelle. Es gab von Anfang an einen konstruktiven und innovativen Dialog zwischen Nutzer, Architekten, Bauverwaltung, Denkmalpflegern und den Stiftungsgremien. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Umso dankbarer sind wir für das Gelingen und die vorzeigbaren Ergebnisse, die in der Öffentlichkeit auf eine große positive Resonanz gestoßen sind.

Öffentlichkeit! Das ist unser entscheidender Messfaktor. Wir arbeiten für die Öffentlichkeit, die wir sehr ernst nehmen. Es ist nicht das Quotenpublikum der kommerzialisierten Massenkultur. Es ist das Publikum, das die Aura der Kunst erleben will, die Widerstandskraft gegen das Triviale, etwas das Bestand hat. Wir gestalten Orte der Reflexion, nicht der Sensation. Wenn wir dann die Begeisterung erleben, dann ist das das schönste Geschenk. Herzlichen Dank dafür! Die Besucherzahl der Museen wird übrigens 2007 5 Mio. Besucher erreichen.

Öffentlichkeit war und ist für die Berliner Museen und die Staatsbibliothek nicht nur Publikum. Es war auch das private Engagement der Mäzene, Freunde und Förderer oder Sammler. Der Reichtum und internationale Rang der Sammlungen ist ihnen in erheblichem Umfang zu verdanken. Dabei spielte das jüdische Bürgertum eine herausragende Rolle. Die Namensgebung James Simon-Galerie für das neue Eingangsgebäude soll daran erinnern. Berlin hat offensichtlich heute auch wieder Chancen für eine bürgerschaftliche Beteiligung. Jede Stiftungseinrichtung wird von einem Förderverein unterstützt, das Kuratorium Museumsinsel begleitet die Fortschritte auf der Insel mit großem finanziellen Engagement. Sammler wie Heinz Berggruen, Erich Marx, Helmut Newton, Friedrich Christian Flick, Uli Richter, Marzona, Klaus F. Naumann, Otto van den Loo und andere vertrauen uns ihre Sammlungen an. Wir sind voller Dankbarkeit für dieses Engagement.

Schließlich möchte ich Dank sagen für die ausgeprägte Kooperationsbereitschaft der Museen, Bibliotheken und Archive sowie den Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen im In- und Ausland. Früher waren Institutionen stark, wenn sie autonom waren, heute sind sie stark, wenn sie gut vernetzt sind. Das ist unsere Maxime!

Die Stiftung selbst ist eine der größten außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Deutschland und sie ermöglicht Forschung aufgrund ihrer exzellenten Quellensammlungen.

Wir werden diese erfolgreiche Zusammenarbeit auch in der Zukunft für unsere Erkenntnisse nutzen, aber auch für die Chance, Wissenschaft zu öffentlichem Wissen zu machen. Herzlichen Dank unseren Partnern.

Die Stiftung ist dabei, ihren gewaltigen Schatz neu zu ordnen. Mit ihren 16 Museen besitzt sie das umfassendste Universalmuseum überhaupt. Mit der Staatsbibliothek verfügt sie über die größte wissenschaftliche Universalbibliothek im deutschsprachigen Raum, mit dem Geheimen Staatsarchiv besitzt sie ein einzigartiges Wissensarchiv zu Preußen. Das Staatliche Institut für Musikforschung und das Ibero-Amerikanische Institut sind tief gestaffelte Informationsspeicher und Forschungszentren.

Ein gewaltiges Unternehmen, gleichzeitig Schatzhaus, kulturelles Werkzeug und Serviceeinrichtung. Dem öffentlichen Vertrauen können wir nur gerecht werden durch unsere Unabhängigkeit, durch unsere Kompetenz und durch die Achtung vor der kulturellen Überlieferung.

Ich möchte mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stiftung in all ihren Instituten und auf all ihren Ebenen bedanken, vom Generaldirektor bis zum Depotverwalter, die die enormen Veränderungen der letzten Jahre nicht nur getragen, sondern aktiv gestaltet haben, die erkannt haben, dass Chancen nicht Geschenke, sondern Aufgaben beinhalten, die Risikobereitschaft erfordern, verstanden als Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung und eigenständiger Entscheidung. Nur so konnten wir das leisten, was wir geleistet haben, die Stiftung zu einem Aktivposten der Gesellschaft zu machen.

Zum Schluss vielen Dank! Ihnen allen, die Sie heute gekommen sind. Sie haben uns begleitet, unterstützt, ermutigt. Sie haben Erwartungen in uns gesetzt. Diese auch in Zukunft zu erfüllen, Sie auch in Zukunft an unserer Seite zu haben, ist uns außerordentlich wichtig.

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