Deutsch-russische Arbeitsgruppe bereitet Ausstellung mit Beutekunst vor

Pressemitteilung vom 07.04.2006

Heute geht im Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte eine mehrtägige Arbeitssitzung zur Vorbereitung der deutsch-russischen Ausstellung „Merowingerzeit – Europa ohne Grenzen“ zu Ende, in der unter anderem auch kriegsbedingt aus Berlin nach Russland verlagerte Objekte gezeigt werden. Nach einem Arbeitstreffen Ende Januar 2006 in Moskau kamen nun zum zweiten Mal die Vertreter der beteiligten Institutionen zusammen: der Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz (Museum für Vor- und Frühgeschichte), der beiden Moskauer Institutionen – Puschkin Museum und Historisches Museum – und der Eremitage aus St. Petersburg. Die Ausstellung soll im Februar 2007 im Moskauer Puschkin Museum eröffnet und anschließend ab Juni in der Sankt Petersburger Eremitage gezeigt werden. Mit dieser Ausstellung wird in Bezug auf das Thema Beutekunst Neuland betreten.

Die Ausstellung wird erstmals in so umfassender Weise die vielschichtige Kultur der Zeit der Völkerwanderung aus dem riesigen Gebiet zwischen Atlantik und Ural thematisieren und mit großartigen Funden zur Kultur der Hunnen, Goten, Alanen, der Elbgermanen, Alemannen und Bajuwaren, der Franken und Romanen, der Ost- und Westgoten sowie der Langobarden illustrieren.

Das Ergebnis der Gespräche kann als sensationell bezeichnet werden. Neben Objekten aus den russischen Beständen sollen auch die kriegsbedingt aus dem Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte nach Russland verlagerten archäologischen Objekte gezeigt werden, ergänzt mit Exponaten, die das Berliner Museum leihweise zur Ausstellung beiträgt. Die meisten Objekte galten über sechzig Jahre lang als verschollen, zahlreiche Stücke waren bislang wissenschaftlich noch nicht bekannt.  Im Rahmen der Ausstellungsvorbereitungen erhalten deutsche Wissenschaftler zum ersten Mal Zugang zu den russischen Depots. Sie werden zusammen mit den russischen Kollegen und mit Hilfe der alten Berliner Inventare die Objekte identifizieren und wissenschaftlich bearbeiten.

In der aktuellen Arbeitssitzung in Berlin, der eine weitere im Oktober 2006 in Moskau folgen wird, sind in ausgesprochen kooperativer und freundschaftlicher Atmosphäre die Auswahl von rund neunhundert Objekten für die Präsentation einvernehmlich festgelegt und der thematische Aufbau von Katalog und Ausstellung besprochen worden. Dabei zeigt sich schon im Vorfeld, dass die Wissenschaft hierbei Forschungslücken schließen kann und sich völlig neue Aspekte zur Migration aus der Zeit zwischen Spätantike und Mittelalter vor allem im östlichen Europa auftun. Der umfangreiche Katalog, der die kriegsbedingt verlagerten Objekte deutlich kennzeichnen und auch die beiden unterschiedlichen Rechtsauffassungen zur Beutekunstfrage darlegen wird, erscheint in russischer, deutscher und englischer Sprache. Eine Ausstellung hierzulande ist nicht möglich, da Deutschland wegen seiner geltend gemachten Eigentumsansprüche auf einen Teil der Exponate keine Rückkehrgarantie geben kann.

Mit der geplanten Ausstellung wird ein neuer, zusätzlicher Weg in der Behandlung der Beutekunst-Frage  eingeschlagen. Er soll die Verhandlungen auf Regierungsebene unterstützen. Mit der Ausstellung soll Transparenz, Aufklärung und Geschichtsbewusstsein sowohl in Russland als auch in Deutschland erzeugt werden. Erstmals wird ein großer zusammenhängender Kulturraum trotz zerrissener Sammlungsbestände wissenschaftlich aufbereitet und publikumswirksam präsentiert. Vor den Augen der Öffentlichkeit  wird beispielhaft ausgebreitet werden, was sich hinter dem Begriff Beutekunst verbirgt und bisher ohne wissenschaftliche und restauratorische Behandlung in Geheimdepots in Russland gelagert und der Öffentlichkeit verborgen blieb. Ebenso entscheidend aber ist, dass die Objekte im Rahmen der Ausstellung endlich restauriert, identifiziert und wieder in den Kreislauf wissenschaftlicher Arbeit aufgenommen werden können. Dies ist nur möglich durch intensive Zusammenarbeit der deutschen und russischen Fachleute.

Die Ausstellung ist Teil des „Deutsch-russischen Museumsdialoges“, der unter Einbeziehung aller in Deutschland von der Beutekunst-Frage betroffenen Museen auf Initiative der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und der Kulturstiftung der Länder im vorigen Herbst begonnen wurde. Das Vorhaben wird von Staatsminister Neumann nachhaltig begrüßt und gefördert.

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