Enthaltung geht nicht

News vom 08.02.2016

Der Ideenwettbewerb für den Museumsneubau am Kulturforum ist beendet, ab dem 8. Februar 2016 tagt die Jury – aber wie geht das überhaupt bei 460 Entwürfen? Fragen an die Architekten Salomon Schindler und Marc Steinmetz, die den Wettbewerb betreuen. Die beiden sind Partner der ARGE WBW-M20.

Modell des Kulturforums, im Hintergrund sind Einreichungen zum Ideenwettbewerb für den Museumsneubau zu sehen
© www.lindner-fotograf.de

Aus aller Welt haben Sie in den vergangenen Monaten Einsendungen für den Wettbewerb am Kulturforum bekommen. Stimmt das hoffnungsfroh für den Ausgang der ersten Runde?

Salomon Schindler: Wir hatten eine erste Vorprüfung und sind durchaus angetan von den Arbeiten, die wir gesehen haben.

Klar, mehr dürfen Sie jetzt nicht sagen. Aber doch noch ein Versuch durchs Schlüsselloch zu blicken. Wie wird die Jury vorgehen?

Salomon Schindler: Zunächst werden alle Arbeiten im sogenannten Informationsrundgang wertungsfrei durch die Vorprüfung vorgestellt. Im anschließenden ersten Wertungsrundgang können die Arbeiten nur einstimmig bewertet werden, in den weiteren Rundgängen mit einfacher Mehrheit. Konkret bedeutet dies, dass das Preisgericht jede Arbeit anschaut, diskutiert und danach über diese Arbeit abstimmt. Im ersten Rundgang reicht dann eine Stimme für die Arbeit, um sie in den nächsten Rundgang zu bringen.

Und dann wiederholt sich das Procedere?

Marc Steinmetz: Genau, dann braucht die Arbeit aber eine Mehrheit der 13 stimmberechtigten Preisrichter, also mindestens sieben Stimmen, um in die nächste Runde zu kommen. Deshalb ist es auch so wichtig, dass das Preisgericht vollzählig ist bzw. genügend Stellvertreter vorhanden sind.

Was ist, wenn ein Preisrichter nicht überzeugt ist, aber weder mit Ja noch mit Nein stimmen will?

Salomon Schindler: Für Preisrichter besteht Abstimmungszwang, das heißt: Enthaltungen sind nicht möglich.

Wie muss man sich dann das Finale vorstellen?

Marc Steinmetz: Sind die Arbeiten in mehreren Rundgängen auf etwa 30 Arbeiten reduziert, wird die „engere Wahl“ gebildet. Diese Einreichungen werden dann von einzelnen Preisrichtern oder möglicherweise auch Arbeitsgruppen aus Preisrichtern schriftlich beurteilt – klassischerweise sind das dann Teams aus je einem Fach- und einem Sachpreisrichter, aber das kann das Preisgericht auch anders entscheiden. Die Texte werden anschließend im Plenum vorgelesen, notfalls korrigiert und verabschiedet. Dann wird im Preisgericht die Rangfolge festgelegt, in unserem Fall also zehn bis 20 gleichrangige Preisträger. Das Preisgericht könnte auch eine andere Verteilung der Wettbewerbssumme beschließen, allerdings nur einstimmig.

Stimmt es, dass Sie am Ende noch gar nicht wissen, wer nun das Rennen gemacht hat?

Salomon Schindler: Ja, der Ideenwettbewerb ist ein anonymes Verfahren. Wir werden nach der Juryentscheidung erst die Umschläge öffnen und prüfen, ob das ausgewählte Büro die Teilnahmevoraussetzungen erfüllt oder nicht.

Und was werden wir dann am Ende dieser Woche wissen?

Marc Steinmetz: Wir werden die Arbeiten kennen, die mit Preisen ausgezeichnet wurden und sich so für die Teilnahme am Realisierungswettbewerb qualifiziert haben. Die Arbeiten sollen aber anonym veröffentlicht werden, also ohne Nennung des Büros. Damit soll auch im anschließenden Realisierungswettbewerb die Anonymität gewährleistet werden. Ab 26. Februar 2016 werden dann alle Einsendungen in einer zweiwöchigen Ausstellung im Kulturforum zu sehen sein.

Und wie geht es weiter?

Salomon Schindler: Wir erhoffen uns vom Preisgericht auch erste Empfehlungen zum weiteren Verfahren. In der Aufgabenstellung gibt es noch einige Unschärfen, etwa zum genauen Zuschnitt des Baufensters, zu den möglichen Höhen und Abständen, zum Umgang mit den Freiflächen, zum sogenannten Besucherzentrum oder auch zur Anordnung der Ausstellungsflächen. Für die Aufgabenstellung im Realisierungswettbewerb  wollen wir diese Themen  noch genauer gegebenenfalls anders beschreiben. Der Realisierungswettbewerb ist ja nicht einfach eine Fortsetzung des Ideenwettbewerbs, sondern ein neues Verfahren. Die Erkenntnisse aus der ersten Stufe sollen in die Aufgabenstellung einfließen.

Das Gespräch führte Ingolf Kern.

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