Parzinger zum Kulturgutschutzgesetz: Illegaler Handel kein Kavaliersdelikt mehr

Pressemitteilung vom 02.08.2017

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz sieht positive Entwicklungen nach der Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes, die vor einem Jahr in Kraft getreten war. Mit dem neuen Gesetz wurde erstmals ein Einfuhrverbot für Antiken ohne offizielle Ausfuhrgenehmigung des Herkunftslandes erlassen, was internationale Experten jahrzehntelang gefordert hatten.

Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz: „Der illegale Handel mit Kulturgütern ist ein weltweites Problem. Wir müssen darauf hinarbeiten, dass der Wert von Kulturgut, seine gesellschaftliche und kulturelle Rolle eine Anerkennung findet. Vor allem in Krisenzeiten geht sein Wert deswegen über einen rein materiellen hinaus: Kulturgüter geben kulturelle Identität und Halt, ermöglichen Orientierung und wecken die Hoffnung auf gesellschaftliche Aussöhnung.“ 

Das Gesetz, so Parzinger, sei eine klare Weiterentwicklung des rechtlichen Rahmens für den Kulturgutschutz, denn es sei die überfällige Umsetzung der UNESCO-Konvention von 1970. Es habe rechtliche Rahmenbedingungen für das Vorgehen gegen den illegalen Handel mit Kulturgütern in Deutschland geschaffen, indem es das wenig praktikable Listenverfahren des Gesetzes von 2007 abgelöst habe. Durch die Novellierung sei nun erstmals auch die Möglichkeit strafrechtlicher Konsequenzen gegeben – illegaler Handel sei nun kein Kavaliersdelikt mehr. „Unsere Partner im Ausland bestätigen immer wieder, dass die Novellierung des Gesetzes ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einheitlichen Standards für den Kulturgutschutz auf EU-Ebene war.“

Erhöhte Sorgfaltspflichten für den Handel, der nun die Pflicht hat, darzulegen, dass das angebotene Kulturgut rechtmäßig eingeführt worden ist, sieht Markus Hilgert, Direktor des Vorderasiatischen Museums und Koordinator des Verbundprojekts „ILLICID“, das Methoden der Dunkelfeldforschung im Bereich des Handels mit Kulturgütern erprobt: „Zu unseren Beobachtungen gehört derzeit, dass in Deutschland archäologische Objekte aus dem östlichen Mittelmeerraum in beträchtlichem Umfang zum Kauf angeboten werden, darunter auch zahlreiche Objekte aus dem Irak und Syrien. Beide Staaten sehen jedoch keine Ausfuhr von archäologischem Kulturgut vor und die Einfuhr sowie der Handel mit ihnen sind innerhalb der EU durch unmittelbar geltendes EU-Recht erheblich beschränkt. Besorgniserregend ist daher, dass für die große Mehrheit dieser Objekte kaum aussagekräftige Angaben zur Provenienz gemacht werden. Dieser Befund ist auch nur schwer vereinbar mit den Regelungen des neuen Kulturgutschutzgesetzes.“ 

Hilgert ergänzt: „ILLICID zeigt, wie wichtig es ist, dass Expertinnen und Experten den Handel mit Kulturgütern systematisch beobachten und dokumentieren. Nur so kann eine verlässliche Faktenbasis geschaffen werden, die möglicherweise auch Aufschluss über illegale Aktivitäten in diesem Bereich oder Potentiale für die Terrorismusfinanzierung liefert.“ 

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