Startschuss für die Sanierung und Ergänzung des Pergamonmuseums

Pressemitteilung vom 27.02.2006

Mit einer einstimmigen Entscheidung der Vertreter des Bundes und des Landes Berlin im Gremium der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sind jetzt die künftige Gestalt des Pergamonmuseums, die Besucherführung und die Präsentationsweise der Sammlungen mitsamt Kostenrahmen von 351 Mio. Euro festgelegt worden. Damit ist ein Durchbruch bei den Abstimmungsprozessen gelungen, der ein Meilenstein darstellt, nicht nur bei der Wiederherstellung des mit jährlich rund einer Million Besuchern meist frequentierten Hauses auf der Museumsinsel, sondern auch bei der Vollendung der gesamten Museumsinsel.

Die wesentlichen Elemente sind dabei der vierte Flügel am Kupfergraben, der einen Hauptrundgang mit den monumentalen Architekturexponaten der antiken Kulturen auf einer Ebene schafft. Dabei können dann endlich wieder die ägyptischen Denk­mäler wie das Kalabscha-Tor (im vierten Flügel) präsentiert werden. In der weiteren Abfolge werden in schlüssiger Reihenfolge die anderen Hauptsehenswürdigkeiten der Museumsinsel zu sehen sein: die Palastfassade von Tell-Halaf, die Denkmäler aus Babylon (Prozessionsstraße und Ischtartor), das Markttor von Milet und der Pergamonaltar sowie die Fassade des Wüstenschlosses Mschatta, die den Übergang von der spätantiken zur islamischen Kultur markiert. Außerdem wird die Museums­insel in Zukunft stärker als bisher als „Tempelstadt der Künste“ erlebbar sein. Die Ursprungsidee eines arkadischen Spree-Athen wird intensiver zur Geltung kommen. Denn das Pergamonmuseum, das sich durch seine West-Ost-Ausrichtung quer zur primären, vom Alten Museum ausgehenden Süd-Norderstreckung stellt, wird durch mehrere Maßnahmen in neuer Form in den Gesamtorganismus der Museumsinsel integriert: In Zukunft wird es möglich sein, auch außerhalb der Museumsöffnungs­zeiten, vom Kolonnadenhof der Alten Nationalgalerie und des Neuen Museums über geöffnete Durchgänge zum Ehrenhof des Pergamonmuseums und von dort zu den Höfen des Bode-Museums zu gelangen, ohne wie bisher Straßenraum jenseits der Insel betreten zu müssen. Damit wird der Inselcharakter in einer neuen Qualität zu erleben sein. Eine zweite Art, die Insel zu durchwandern, kann später dann mit der Archäologischen Promenade entstehen, die vier der Häuser auf der Museumsinsel (ausgenommen ist nur die Alte Nationalgalerie) durch Verbindung der Sockel­geschosse miteinander verknüpfen wird. Alle dafür nötigen baulichen Maßnahmen im Gebäudeumriss werden dazu schon jetzt realisiert. Planerisch bereits vorgesehen ist auch der Übergang vom künftigen zentralen Eingangsgebäude über eine Brücke direkt zum Hauptrundgang.

Die nun entschiedene Konzeption für das Pergamonmuseum sieht im Unterschied zum Wettbewerbsentwurf von Ungers keine Erschließungsebene unterhalb des Ehrenhofes vor. Die jetzige Lösung ist das Ergebnis einer Risikoabwägung und der Berücksichtigung denkmalpflegerischer Belange. Sie reduziert die Eingriffe in die historische Bausubstanz auf ein notwendiges Mindestmaß. Die Konzeption, die nun realisiert wird, ist geprägt vom Respekt vor der historischen Leistung und sie ist eine Fortentwicklung des aufgrund der Zeitumstände damals nicht in Gänze realisierten Entwurfes von Alfred Messel (vierter Flügel).  Zudem entspricht sie den Maßgaben des 1999 für die Weiterentwicklung der Museumsinsel verabschiedeten Masterplans: So wird das historische Gebäude in seinem Charakter und in seiner solitären Struk­tur erhalten bleiben; es wird aber auch ein Gesamtorganismus entstehen: durch zusammenhän­gende Freiflächen und Öffnung der Höfe, die einen städtischen Raum mit einzigarti­gem Charakter ausbilden, und durch die Option, die Bauten im Sockelgeschoss mitein­ander zu verbinden. Mit diesen Elementen ist der Masterplan letzt­lich eine Fort­schreibung der Ideen, die das 19. Jahrhundert entwickelte und in der Ausbildung dieser großartigen Museumslandschaft - ausgehend vom Alten Museum - zum Aus­druck kam und mit den Worten Friedrich Wilhelms IV. als „Freistätte für Kultur und Wissenschaft“ so treffend beschrieben wurde. Allerdings begnügt man sich heute nicht damit, den Vorkriegszustand zu rekonstruieren. Das Gebäude wird den zeitgemäßen Anforderungen an ein Museum mit Millionenpublikum und internationaler Ausstrahlung Genüge tun.

Die neue Ausstellungskonzeption sieht eine klare Strukturierung vor: die Antikensammlung im zentralen Verbindungsflügel, das Vorderasiatische Museum im Süd­flügel und das Islamische Museum im Nordflügel (heute im Obergeschoss Südflü­gel). Es wird jeder der drei historischen Flügel und somit jede Sammlung einen eige­nen Eingang erhalten. Der besondere Charme der Konzeption liegt auch darin, dass die Verteilung der Monumente auf dem Hauptrundgang mit der Anordnung der Sammlungen insgesamt korrespondiert. So wird etwa der Südflügel in Gänze, und nicht nur auf der Hauptausstellungsebene dem Vorderasiatischen Museum vorbehalten sein. Das Gleiche gilt für das Islamische Museum im Nordflügel. Die Samm­lungen erhalten damit eigenständige „Häuser“, die sich um den Ehrenhof herum gruppieren. Die Erdgeschossflächen, heute hauptsächlich internen Funktionen vor­behalten, werden für museumspädagogische Zwecke, für Café und Restaurant um­gewidmet. Der Ehrenhof entwickelt eine neue Qualität als Forum mit Verteilerfunktion. Dazu trägt dann auch die aufgeständerte „Glasbox“ am Kupfergraben bei, die in einer zeitgemäßen Architektursprache die ursprünglich von Alfred Messel vierflügelig konzipierte Anlage realisiert und dadurch erst die intendierten Proportionen der Ge­samtanlage zur Wirkung bringen wird.

Parallel zur Vorplanung und zu Gefahren abwehrenden Maßnahmen erfolgte die Planung für die Restaurierung der antiken Großarchitekturen, die weiter fortge­setzt werden. Es hat sich bereits jetzt gezeigt, dass sich daraus auch wertvolle Er­kennt­nisse zur Statik des Hauses, zur Einbin­dung der Architekturen in das Gebäude und zu den Klimaanforderungen gewinnen lassen, die so­wohl während des Bau­pro­zes­ses zum Schutz der Exponate als auch danach zu beachten sind. So rühren die Rissbildungen in der Mschatta-Fassade aus einer unzureichenden Statik für diese Architek­tur am gegenwärtigen Standort und im Orpheus-Mosaik (Antikensamm­lung) sind sie auf Ge­bäudebewegungen zurückzuführen. Insofern ist die Versetzung der Mschatta-Fassade aus dem Obergeschoss des Südflügels in den Hauptrundgang (Nordflügel) nicht nur der zukünftigen Aus­stellungsgestaltung geschuldet. Wie die Entkoppelung der Mosaike vom Fußboden ist sie auch baufachlich erforderlich.

In den zurückliegenden Monaten wurden mehrere Planungsalternativen erwogen. Dabei hat sich gezeigt, dass der weit überwiegende Anteil der Kosten allein schon durch die Grundinstandsetzung entsteht. Die Beschaffenheit des Baugrunds und die Bauzeit während mehrerer Wirtschaftskrisen (Eröffnung 1930) bringen mit sich, dass das Museum mit Fug und Recht als Riese auf tönernen Füßen bezeichnet werden kann. Die Sicherung und Ertüchtigung des Bestands ist weitaus kostenrelevanter als die Fortentwicklung im Sinne eines modernen Museums und einer museologischen Neukonzeption.

Mit dem jetzigen Abschluss der Vorplanungsphase beginnt nun die Entwurfsplanung des Büros O.M. Ungers (Köln/Berlin), die maximal zweieinhalb Jahre in Anspruch nehmen und in enger Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege erfolgen wird. Die heute vorliegenden Ergebnisse sind eine gute Voraussetzung für eine erfolgreiche Abstimmung mit der Denkmalpflege. Die bisherigen Erfahrungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zeigen, dass auch bei schwierigen Fragestellungen konsensfä­hige Lösungen gefunden werden. Es wird noch zu entscheiden sein, welcher Ablauf der Bauphasen vorteilhafter sein wird: abschnittweise für jeden der drei Flügel, so dass immer ein Teil des Museums für das Publikum geöffnet sein kann, oder die zeitgleiche Einbeziehung des gesamten Gebäudes mit beschleunigtem Baufort­schritt.

Seit 2003 trägt allein der Bund die Kosten für die Baumaßnahmen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Zuvor war auch das Land Berlin an der Finanzierung beteiligt. Mit dem immensen Bauvolumen (Bruttorauminhalt von über 360.000 m3) ist das Pergamonmuseum neben der ebenfalls zur Stiftung Preußischer Kulturbesitz gehö­renden Staatsbibliothek Unter den Linden das größte Bauvorhaben in Berlins histori­scher Mitte. Als Teil des Unesco-Weltkulturerbes der Museumsinsel und als inter­nationaler Publikumsmagnet erzeugt es intensive Aufmerksamkeit weit über die na­tionalen Grenzen hinaus.

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