Fraunhofer-Institut und Staatliche Museen zu Berlin digitalisieren Benin-Bronzen
News vom 07.03.2023
Die Digitalisierung kulturhistorischer Objekte kann das Original nicht ersetzen. Dennoch gibt es viele Gründe, mittels modernster Technik dreidimensionale Modelle von historisch bedeutsamen Objekten zu erzeugen. Am Fraunhofer-Entwicklungszentrum Röntgentechnik (EZRT) des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen (IIS) wurden erste Reliefplatten aus dem historischen Königreich Benin (Nigeria) mittels industrieller Röntgen-Computertomographie in digitale Datensätze übersetzt.
Vom Fraunhofer IIS, dem Ethnologischen Museum und dem Rathgen-Forschungslabor der Staatlichen Museen zu Berlin werden derzeit von über 500 Objekten aus dem historischen Königreich Benin bildliche Digitalisate und 3D-Scans mit Hilfe fotogrammetrischer Methoden erstellt. Die Eigentumsrechte an sämtlichen dieser Objekte aus dem Bestand des Ethnologischen Museums wurden von der SPK im August 2022 an die Bundesrepublik Nigeria übertragen.
Am Fraunhofer EZRT des Fraunhofer IIS kann ein Teil der Objekte vor der sukzessiven physischen Rückführung nach Nigeria nun mittels modernster industrieller Röntgen-Computertomographie in weiteren wichtigen Dimensionen erfasst und studiert werden. Bereits seit 2008 arbeiten die Fraunhofer-Gesellschaft und die SPK in der Forschungsallianz Kulturerbe, gemeinsam mit der Leibniz Gemeinschaft, den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden an der Entwicklung neuer, forschungsintensiver Verfahren im Bereich der Kulturguterhaltung zusammen. Das gemeinsame Projekt zu den sogenannten Benin-Bronzen ist ein Beispiel dieser erfolgreichen Kooperation. Fünf ausgewählte Bronzen wurden bereits in den Monaten Juli und August 2021 im Rahmen einer Pilotstudie am Fraunhofer EZRT untersucht. 27 weitere Bronzen werden voraussichtlich in einer darauf aufbauenden Messkampagne ab April 2023 folgen. Die Untersuchung erfolgt nach ausdrücklicher Zustimmung Nigerias.
Die Benin-Bronzen, die eigentlich nicht aus Bronze, sondern aus Messing bestehen, stellen für die Röntgentechnik eine ganz besondere Herausforderung dar: Die Kupferlegierung, aus der die Skulpturen und Reliefs gefertigt sind, wirkt stark absorbierend gegenüber Röntgenstrahlung im her-kömmlichen Energiebereich. Zudem sind die Benin-Objekte deutlich größer und massiver als typische andere Objekte, die einer Röntgenprüfung unterzogen werden, wie z.B. Aluminiumräder oder Motorkolben. Um dennoch sehr gute, rauschfreie Tomographie-Bilder mit hoher Ortsauflösung anzufertigen, nutzen die Forschenden am EZRT in Fürth eine der größten Computertomographie-Anlagen, die es weltweit gibt.
Ziel der Digitalisierungsreihe ist die Gewinnung neuer Erkenntnisse zur Kunsttechnologie und Herstellungstechnik, die letztendlich auch eine Voraussetzung für eine eventuelle Erstellung detailgetreuer Kopien darstellen. In enger Abstimmung mit den Eigentümern werden die Grundlagen einer modernen konservierungswissenschaftlichen Dokumentation und dreidimensionalen Visualisierung der Kunstwerke erarbeitet, die der akademischen und allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll.
Weiterführende Links
- Pressemitteilung: Auftakt der Messreihe: Fraunhofer IIS, Ethnologisches Museum und Rathgen-Forschungslabor digitalisieren Benin-Bronzen mittels Hochenergie-Computertomographie (23.2.2023)
- News: Benin-Bronzen: Die Rückgabe beginnt (16.12.2022)
- Pressemitteilung: Rückgabe der Berliner Benin-Bronzen (25.08.2022)