Modischer Neuzugang im Kunstgewerbemuseum: Kimonokleid des Designers Kenzō Takada

News vom 29.07.2021

Vor wenigen Wochen bekam das Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen zu Berlin ein Kimonokleid des japanischen Designers Kenzō Takada geschenkt. Modekuratorin Katrin Lindemann erzählt im Interview, wie das von seiner Besitzerin lange vergessene Stück nach Berlin gelangte.

Collage von drei Fotos: Rechts und links eine posierende Frau, in der Mitte ein Kleid auf einer Schaufensterpuppe
Kimonokleid des japanischen Designers Kenzō Takada, Inv. Nr. 2021,1, Schenkung von Brigitte Marchl. © Brigitte Marchl (li., re.), SPK / Elena Then (Mitte)

Frau Lindemann, vor Kurzem erhielten Sie ein ganz besonderes Paket, in dem sich ein Kimonokleid von Kenzō Takada versteckte. Wer war Kenzō?

Katrin Lindemann: Kenzō Takada, geboren im Februar 1939 bei Osaka, Japan, gründete 1970 sein Unternehmen in Paris und eröffnete dort im selben Jahr unter dem Namen „Jungle Jap“ seine erste Boutique. Unkonventionelle Farb- und Musterkombinationen ebenso wie farbenfrohe Dschungelmotive waren das Markenzeichen des Labels. Heute kennt man es vor allem für das Motiv des brüllenden Tigers, in dessen Maul „KENZŌ“ erscheint. Die Idee hinter Kenzōs Entwürfen war es, asiatische und europäische Kultureinflüsse miteinander zu verbinden und so war er es, der dem japanischen Modedesign die westlichen Türen öffnete und den Weg für Designer*innen wie Yōji Yamamoto oder Rei Kawakubo ebnete. Benannte er zu Beginn seiner Karriere sein Label mit dem despektierlich klingenden „JUNGLE JAP. Paris“, setzte er ab etwa 1972 zusammen mit seinem Porträt in der Mitte auch seinen Namen auf das Labelschild: „KENZŌ JAP. Made in France“.

Wie kam es zu der Schenkung?

Lindemann: Ebendieses Labelschild, das auch in dem Kimonokleid zu finden ist, verrät uns, zusammen mit der Erzählung der ehemaligen Besitzerin Brigitte Marchl, dass es sich um ein sehr frühes Prêt-à-porter-Modell des Modedesigners handeln muss. Das Foto mit Frau Marchl in dem Kenzō-Kleid muss 1974 aufgenommen worden sein. Auf dem Bild erscheinen die Farben noch etwas leuchtender, mittlerweile zeugt das Kleid davon, ein viel getragenes Lieblingsteil gewesen zu sein. Wie und wann genau es zu dem Kauf kam, daran erinnert sich Frau Marchl nicht mehr. Sie war damals beruflich sehr erfolgreich und regelmäßige Besucherin in den Designer*innen-Boutiquen. Viele Jahre später, im Oktober 2020, erinnerte Kenzō Takadas Tod Brigitte Marchl schließlich daran, dass sie noch ein Stück des Designers besaß. Dies bot sie dem Kunstgewerbemuseum als Schenkung an.

Was macht das Kleid so besonders?

Lindemann: Das auf den ersten Blick recht einfach wirkende Kimonokleid von Kenzō ist in der Tat etwas ganz Besonderes. Es besteht aus einem einfarbig-cremeweißen Unterkleid und einem Überwurf aus floral-gemusterter, leichter Baumwolle. Der Dekor zeigt japanisch-inspirierte schwarz-weiße Ahornblattmotive in Kombination mit fliegenden Vögeln vor einem von der Shibouri-Technik-inspirierten Hintergrund. Der vor der Brust überlappende Halsausschnitt ist – ähnlich einem Kimono – mit einem hellgelben Beleg gefasst, dieser wiederholt sich in Schwarz auf dem Unterkleid, sodass beide Lagen beim Tragen sichtbar werden. Der gelbe Beleg wiederholt sich als Kantenbeleg rund um den Überwurf. Die überschnittenen Kimonoärmel samt Oberteil werden rundum durch ein schwarz-weißes Band mit grafischem Dekor vom Rockteil separiert; die offenen Seiten werden mit Hilfe von zwei Bändern in der Taille miteinander verbunden. Ein Streifen des grafischen Motivs wiederholt sich entlang der Belegkante am Halsausschnitt. Frau Marchl wiederrum hat das Kleid für ihre Zwecke umfunktioniert und nur den Überwurf mit einem schwarzen Rolli, beigefarbener Schlaghose und einem breiten schwarzen Taillengürtel kombiniert.

Wie geht es nun weiter?

Lindemann: Die Inventarisierung erfordert weitere Informationen zur Entstehungszeit und der genauen Kollektion. Bei der Recherche danach ist die Literatur in der Lipperheideschen Kostümbibliothek sehr hilfreich – nur so konnte zum Beispiel bereits der Nutzungszeitraum des Labelschildes ermittelt und damit eine erste ungefähre und belegbare Datierung vorgenommen werden. Das Kleid verkleinert eine große Sammlungslücke, die wir im Bereich des japanischen Modedesigns der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts haben. Ich freue mich daher sehr über diese aussagekräftige Ergänzung für unsere Modesammlung.

Die Fragen stellte Elena Then.

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