Dank & Adieu, Jürgen Kloosterhuis

News vom 28.07.2017

Der langjährige Direktor des Geheimen Staatsarchivs geht zum 1. August 2017 in den Ruhestand. Zum Abschied hat sich der, immer wieder auch durch seine feinsinnige Eloquenz herausragende, Militärhistoriker mit einem Brief an Freunde, Kollegen und Mitstreiter gewandt. Hier Kloosterhuis‘ Schreiben im Wortlaut:

Jürgen Kloosterhuis
Jürgen Kloosterhuis ©SPK/Thomas Meyer, Ostkreuz

„Trapp, Trapp, Trapp, Trapp. Ich schildere Ihnen die Eingangssequenz zu einem Kintoppstreifen; Hauptrollen: Rod Steiger, Christopher Plummer. Trapp, Trapp, Trapp. Man sieht auf der Leinwand nur fünf, sechs Stiefelspitzenpaare, die über Parkettdielen vorwärts marschieren und dabei dieses Geräusch verursachen. Trapp, Trapp. Nun haben die Stiefel eine Türe passiert, bleiben stehen. Die Kamera fährt die Beine entlang nach oben. Männer in Empire-Uniformen, nicht gerade Preußen. Einer tritt vor, nimmt das Wort: „Sire, danken Sie ab!“ Wer? Kamera-Schwenk. Da sitzt ein kleiner Kerl im Lehnstuhl am Fenster, grauer Mantel, schwarzer Hut: Napoleon. Der also soll abdanken – doch er fährt aus seinem Stuhl hoch, starrt seine Generale an und brüllt: „Ich will nicht!“

Der Vergleich hinkt gewaltig. Natürlich habe ich nichts mit Nöpel gemein, ganz und gar nicht. Aber die Filmsequenz trifft meine Stimmung. Auch ich, pro tempore noch Direktor des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz, will nicht abdanken. Doch ich muss, am 31. Juli 2017 – und wenn etwas darüber hinwegtröstet, dann die Gewissheit, dass mit Frau Prof. Dr. Höroldt eine hochqualifizierte Nachfolgerin zur weiteren Leitung „meines“ Archivs berufen worden ist. Für mich gilt: Es ist genug. Also gehe ich, letztendlich doch ganz gerne. Im Gegensatz zu Napoleon, der bekanntlich noch sein Waterloo erleben musste. Endstation St. Helena? Nein, Königin-Luise-Straße. Sapienti sat.

Ein jegliches hat seine Zeit, und alles hat seine Stunde. Was nun nach der Übernahme des GStA PK-Direktorats am 1. März 1996 und über zwanzig Arbeitsjahren im Dienste der SPK noch bleibt, ist vielfältiger Dank.

Dank zunächst an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aktive und ehemalige. Deren Engagement hat es ermöglicht, meine Vorstellungen einer „Archivarbeit für Preußen zwischen Kleve und Königsberg“ und nicht zuletzt auch für die SPK auf der Basis eines Berufsverständnisses vom „Archivar und Historiker“ im altehrwürdigen Hause zu entwickeln und IT-gestützt umzusetzen.

Dank nicht minder an alle SPK-Instanzen. Der Präsident gab unserer Arbeit die Zielvorgaben von Forschung und Kulturarbeit. Mit der Hauptverwaltung waren die dafür nötigen Ressourcen – manchmal in heißen Gefechten – auszuhandeln. Der Wissenschaftliche Archivbeirat SPK begleitete kritisch fördernd unsere archivischen Werke und Tage. Ihren weiteren Kontext sicherten die Damen und Herren in den anderen größeren oder kleineren Stiftungseinrichtungen, da sie, an welcher Stelle auch immer, den Kulturkosmos SPK im gemeinsamen Wirken für die Sache stets aufs Neue erlebbar machten.

An dieser Stelle darf der Dank wohl auf die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) ausgeweitet werden, die in rebus borussicis zum GStA PK in besonders enger Beziehung steht. Nicht minder schwarz-weiß eingefärbte Assoziationen verbanden mit der Seehandlungs-Stiftung und dem vormals regierenden preußischen Königshaus. In ganz anderer Beziehung ist dem BBR dafür zu danken, dass es über so lange Jahre den Dahlemer Magazinbau-Traum mitgeträumt hat, der jetzt zu guter Letzt noch Wirklichkeit zu werden scheint.

Dank darüber hinaus und nicht zuletzt unter den Vorzeichen von Archiv- und Geschichtswissenschaft an die Kolleginnen und Kollegen in den Archiven in Berlin, Brandenburg und andernorts (besonders in NRW, wo mein preußisch-westfälischer Enthusiasmus 1980 seinen Anfang nahm, der nun endlich wieder aufgefrischt wird). Desgleichen Dank an die Kooperationspartnerinnen und -partner in den Hohen Schulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Hier weitet sich der Kreis zu jenen Gelehrtenvereinigungen, die der eigenen Archivarbeit durch fachlichen Austausch, konkrete Projekte und spannende Symposien so recht den Resonanzboden gaben – pars pro toto nach dem ABC zu nennen die Arbeitsgemeinschaft für preußische Geschichte, der Herold, die Historische Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung, die Historische Kommission zu Berlin und die Preußische Historische, dem Haus besonders treu zugewandte Kommission. Wie schön war es immer, wenn „unsere“ Kommissiöner die Generaldirektorenvilla jährlich im Herbst mit ihrem wissenschaftlichem Leben erfüllten; wie ertragreich die Publikationen, die daraus im Zusammenwirken mit Verlagen wie z. B. dem „Hausverlag“ Duncker & Humblot erwuchsen.

Nun zu so großem und herzlichen Dank an so viele Adressaten eine nicht minder herzliche Bitte – um Verständnis dafür, dass ich mich aus guten Gründen dazu entschlossen habe, nicht zu einer größeren Verabschiedungsfeier einzuladen. Eine solche soll nach der Vorgabe „Nimm Dich nicht zu wichtig, J.“ nur „im engsten Familienkreis“ des aktiven GStA PK stattfinden. So sei mir erlaubt, mit diesen Dankesworten allen, die mich dienstlich mochten, „Adieu“ zu sagen – und wer will, kann dabei den Vers aus dem Fridericus Rex-Lied summen:

„Nun adjö, Luise, wisch ab das Gesicht …“

Mit verbindlichen Empfehlungen und besten Grüßen!

Ihr (gez.)

J. Kloosterhuis“

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