Sammlung Naumann: Die ungeheure Schönheit der japanischen Kunst

News vom 29.09.2015

Am 8. Oktober 2015 eröffnet die Ausstellung „Tiger, Kraniche, Schöne Frauen. Asiatische Kunst aus der Sammlung Klaus F. Naumann". Erstmals werden dabei Objekte der Sammlung Naumann gezeigt, die 2014 von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung und der Kulturstiftung der Länder für das Museum für Asiatische Kunst erworben werden konnten. Hinzu kommen Schenkungen des Ehepaares Klaus F. und Yoshie Naumann. Über die große Verbundenheit des Berliner Sammlers Klaus F. Naumann mit dem Dahlemer Museum, die Neuerwerbung im künftigen Humboldt-Forum und die Besonderheit der Ausstellung spricht Alexander Hofmann, Kurator für Kunst aus Japan am Museum für Asiatische Kunst.

Sammler Klaus F. Naumann (li) und Kurator Alexander Hofmann (re) vor einem Stellschirm im Museum für Asiatische Kunst in Dahlem
© Yoshie Naumann

Was erwartet die Besucher in der Ausstellung „Tiger, Kraniche, Schöne Frauen"?

Die Ausstellung bietet einen facettenreichen Überblick über Elemente der Kunstentwicklung in Japan vom 15. bis ins 20. Jahrhundert, der in dieser Bandbreite und Vielfalt in Berlin lange nicht zu sehen war und vergleichbar wohl erst wieder im Humboldt-Forum zu sehen sein wird.  Im Museum für Asiatische Kunst haben wir eine Naumann-Galerie, in der man üblicherweise nur eine Auswahl an Objekten sehen kann. Diesmal präsentieren wir die Sammlung Naumann aber in nie dagewesener Fülle in sieben Galerien des Museums.
Highlights sind ganz sicher die raumgreifende Stellschirmmalerei und die prächtigen, zum Teil mit Goldeinstreuungen oder Perlmutteinlagen dekorierten Lackarbeiten. Von den Stellschirmen, die hierzulande besser als Paravent oder Spanische Wand bekannt sind,  erleben 10 hochkarätige Stücke ihre Berlinpremiere. Sie sind Raumteiler und zugleich Träger für Bilder zum Teil sehr bekannter Maler. Für mich persönlich ist schön, dass wir die Malerei, wie in Japan traditionell üblich, im Dialog mit Lacken und Keramiken zeigen können, die zur gleichen Zeit entstanden sind. Auch gibt es Aus- und Seitenblicke auf chinesische Lacke sowie einige chinesische und koreanische Bilder.

Welche Rolle spielt die Sammlung Klaus F. Naumann für das Museum für Asiatische Kunst?

Die japanische Sammlung des Museums für Asiatische Kunst zählte bis Kriegsende 1945 zu den bedeutendsten in Europa. Während des Krieges gingen jedoch mehr als achtzig Prozent dieser Sammlung verloren, vieles davon wurde unwiederbringlich zerstört, vieles ist bis heute verschollen. Trotz intensiver Anstrengungen konnten die Staatlichen Museen zu Berlin diesen Verlust nicht ausgleichen. Die Lücken konnten wir annähernd erst mit der Sammlung Klaus F. Naumanns schließen: durch die Erwerbung ostasiatischer Lackarbeiten und die Schenkung seiner Sammlung vornehmlich japanischer Malerei und Keramik in den Jahren 2008 und 2009. Die Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin, die Ernst von Siemens Kunststiftung und die Kulturstiftung der Länder haben uns dabei immer wieder entscheidend unterstützt. Erst mit der Sammlung Naumann wurde es in Berlin möglich, wieder die
stilistische und soziale Vielfalt der traditionellen Malerei Japans abzubilden: von akademischen Hofmalern über intellektuelle Landschaftsmaler bis hin zu den Malern alltäglicher Szenen in den Amüsiervierteln der großen Städte. Auch lässt sich nun wieder ein Bild der großen technischen und motivischen Bandbreite  zwischen ganz schlichten monochromen bis hin zu aufwändig dekorierten Lacken zeichnen.  Andere Gebiete wie etwa die Gebrauchskeramik des 15. und 16. Jahrhunderts, die erst im Laufe des 20. Jahrhunderts als Kunst Anerkennung fand, gelangte überhaupt erst durch Klaus F. Naumann in den Museumsbestand. Ideal war dabei, dass Klaus F. Naumann die Berliner Museumsbestände gut kannte und  sinnvolle Ergänzungen auswählen konnte.

Hat die Sammlungserweiterung einen Einfluss auf die künftige Präsentation ostasiatischer Kunst im Humboldt-Forum?

Definitiv! Uns ist es nun möglich, einige Aspekte rund um den Kulturaustausch innerhalb Ostasiens noch besser zu erzählen. Das Museum für Asiatische Kunst hatte beispielsweise zuvor nur wenige Arbeiten von japanischen Malern, die sich im 18. und 19. Jahrhundert an der großen, jahrhundertalten chinesischen Gelehrtenmalerei orientierten. Auch hier sind die vielen Beispiele aus der Sammlung Naumann eine ideale Ergänzung. Sie erlauben es uns, zu verdeutlichen, wie chinesische Werke in bestimmten Künstlerkreisen rezipiert wurden. Zugleich macht der Vergleich japanischer und chinesischer Künstler aber auch deutlich, wie unterschiedlich kulturelle Phänomene in den beiden Ländern ausgeprägt sein konnten. Gerade das Thema des Kulturaustauschs wird im Humboldt-Forum sicher eine größere Rolle spielen. Auch das Format der raumdefinierenden Stellschirmmalerei soll dort in einer zentralen Galerie thematisiert werden.  Erst dank der Neuerwerbungen und Schenkungen aus der Sammlung Klaus F. Naumann können wir diese besonderen Objekte in einer größeren thematischen und stilistischen Bandbreite vorstellen.

Wie wurde Klaus F. Naumann zum Sammler für Asiatische Kunst?

Klaus F. Naumann wurde in Berlin geboren, ging mit seiner Familie 1950 nach England und dann später weiter nach Japan. Wohl eher zufällig, wie er mir einmal berichtete. In England traf er einmal den berühmten Keramiker Bernard Leach (1887-1979), der ihm einen Besuch bei seinem japanischen Freund, dem bedeutenden Keramikmeister Hamada Shoji (1894-1978) empfahl. Dort verliebte Naumann sich in Land, Leute und die Kunst, die er erst studierte, dann sammelte. In Naumanns eigenen Worten: „die ungeheure Schönheit der japanischen Kunst in ihren vielfältigen Erscheinungsformen hat mich von der ersten Begegnung an fasziniert. Ich betrachte und lebe jetzt seit 55 Jahren mit japanischer Kunst und dieses Glück hält immer noch an.“ So machte er seine Passion zum Beruf und wurde ein hochgeachteter Kunsthändler. Zu seinen Schenkungen an unser Museum zählen im Übrigen auch mehrere Keramiken von Hamada Shoji.
Seine Leidenschaft für Lackarbeiten brachte ihn in Kontakt mit Beatrix von Ragué (1920-2006). Sie war nicht nur knapp 20 Jahre lang Direktorin des Museums für Asiatische Kunst, sondern auch eine international renommierte Expertin für die Geschichte der Lackkunst. Seit den 1980er-Jahren intensivierten sich die Kontakte zum Berliner Museum. Seit dem Jahr 2000 befand sich ein Teil seiner Sammlung zunächst als Leihgabe hier in Dahlem. Kontinuierlich erweitert, gelang dann 2008 die Erwerbung der Lackarbeiten, gefolgt von der Schenkung sämtlicher in Berlin befindlicher Keramiken und Malereien. Die aktuellen Ankäufe und Schenkungen von 2014 ergänzen die Erwerbungen und Zuwendungen aus der Sammlung Klaus F. Naumann der Vorjahre auf das Vortrefflichste und bereichern die Sammlung des Museums zum wiederholten Male.

Bildunterschrift (v.l.n.r.): Sammler Klaus F. Naumann und Kurator Alexander Hofmann im Museum für Asiatische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin.

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