Leidenschaftliches Engagement für Europa und die Kultur

News vom 25.06.2018

SPK-Präsident Hermann Parzinger zieht eine Bilanz des ersten European Cultural Heritage Summit, der am Sonntag zu Ende ging

Flyer des European Cultural Heritage Summit
© EYCH 2018

Herr Parzinger, der erste European Cultural Heritage Summit ist vorbei. Es gab über 70 Veranstaltungen mit 1.500 Gästen aus ganz Europa. Außerdem wurde im „Berliner Appell“ dazu aufgerufen, das gemeinsame Erbe stärker zu nutzen, um wieder enger zusammenzufinden. Welches Resümee ziehen Sie nach dieser europäischen Kulturwoche?

Der Summit war eine großartige Werbung für die Bedeutung des kulturellen Erbes für die europäische Integration. Es war beeindruckend, mit welchem Engagement und welcher Leidenschaft sich die vielen staatlichen und vor allem zivilgesellschaftlichen Partnerorganisationen aus ganz Europa engagiert haben. Allen ist klar, dass Europa in einer schwierigen Lage ist und wir etwas tun, uns engagieren müssen. Kulturerbe hat eine strategische Bedeutung, weil es das Gemeinsame und Verbindende von uns Europäern stärkt. Der von den Teilnehmern verabschiedete und unterzeichnete „Berliner Appell“ greift genau das auf. Kurz zuvor hatte die Europäische Kommission bereits eine neue Agenda, einen Aktionsplan und ein um 25 % gesteigertes Budget beschlossen . 

In dem erwähnten „Berliner Appell“ fordern Sie, dass das Projekt Europa nicht nur auf Wirtschafts-, Finanz- und Sicherheitspolitik beschränkt bleiben solle. Aber was kann die Kultur in Europa denn angesichts großer Probleme – von der Flüchtlingskrise bis zum Brexit – überhaupt ausrichten? 

Kultur und Kulturerbe können nicht die aktuellen politischen und wirtschaftlichen Probleme lösen, aber die Frage ist doch eine andere: Wie ist es möglich, dass Europa trotz aller Anstrengungen und Erfolge seit dem Zweiten Weltkrieg gerade dann auseinanderzufallen droht, wenn es ernsthafte Probleme gibt, die man doch eigentlich viel besser gemeinsam und partnerschaftlich lösen müsste? Mir scheint, es ist die Erkenntnis verloren gegangen, dass die europäischen Staaten eine Schicksalsgemeinschaft bilden und keine Zweckgemeinschaft sind. Wohlstand alleine kann kein wirklich tiefes Gefühl der Zusammengehörigkeit hervorbringen, nur das Bewusstsein um unsere bei aller Unterschiedlichkeit aufs Engste verflochtene gemeinsame Geschichte und Kultur. Die integrierende Kraft der Kultur gilt es stärker zu nutzen. 

Interessant und vielleicht hoffnungsvoll war ja, dass sich bei diesem Summit nicht nur Kulturfunktionäre trafen, sondern auch Organisationen und Initiativen und nicht zuletzt Bürgerinnen und Bürger, die sich für das europäische Kulturerbe engagieren. Ist es letztlich die gemeinsame Bürgergesellschaft, die das Projekt Europa vorantreibt?

Das ist richtig, in der Woche des Summits waren es sogar in erster Linie die Bürgerinnen und Bürger aus vielen verschiedenen Ländern vom Kulturminister bis zum Studenten, vom Kulturfunktionär bis zum Restaurator, vom Parlamentsabgeordneten bis zum Aktivisten, die alle nur ein Ziel verbunden hat: Wie können wir Kultur und Kulturerbe für Europa stärken?. Das lässt sich nicht von oben verordnen, es muss von unten wachsen, die Politik der EU wie der Mitgliedsstaaten sollte nur Rahmenbedingungen schaffen, die dieses Engagement befördern und stärken. Es war auch diese Woche wieder eindrucksvoll zu sehen, in wie vielen verschiedenen Projekten und Organisationen sich die Europäerinnen und Europäer organisieren, um das kulturelle Erbe zu bewahren und zu vermitteln. 

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz war neben dem Deutschen Komitee für Denkmalschutz und Europa Nostra Mitveranstalter des Gipfels. Welche Schlüsse ziehen Sie für Ihre Arbeit in der SPK?

Es ist wichtig, dass wir auch solche Projekte und Ausstellungen realisieren, deren Narrativ die kulturelle Zusammengehörigkeit Europas, die Verflechtung unserer Geschichte thematisiert und das den Menschen anschaulich vermittelt. Wir tun das etwa in der Fotoausstellung zu Görlitz an der deutsch-polnischen Grenze oder mit der großen Schau „Bewegte Zeiten“ im Martin-Gropius-Bau ab 21. September, in der die wichtigsten Entdeckungen der Archäologie in Deutschland aus den letzten 20 Jahren präsentiert werden, und zwar jeweils in ihren europäischen Kontext gestellt. Unsere Museen erreichen jährlich Millionen von Menschen und sind ein einzigartiges Medium der Vermittlung und der Integration. 

Die Fragen stellte Ingolf Kern.

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