„Kreuzwege“ in Köpenick

News vom 20.03.2017

Luther und die Fürsten sind Thema der Ausstellung „Kreuzwege. Die Hohenzollern und die Konfessionen, 1517 -1740“, die vom 7. April bis 9. Juli 2017 in Schloss Köpenick zu sehen ist. Sie verfolgt die Glaubensentscheidungen der Hohenzollernfürsten und ihre politischen Auswirkungen anhand zahlreicher Exponate. Jürgen Kloosterhuis, Direktor des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz, im Gespräch.

Der „Interimsdrache“: polemische Zeichnung gegen Johann Agricola, Oberhofprediger des Kurfürsten Joachim II, um 1548
© Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz / Christine Ziegler

Am 2. April endet „Bibel – Thesen – Propaganda“, die Ausstellung der Staatsbibliothek zu Berlin im Lutherjahr, wenige Tage später beginnt  in Schloss Köpenick „Kreuzwege“. In beiden Ausstellungen  spielen die Thesendrucke eine zentrale Rolle. Wieso gibt es neben den beiden Drucken in der Staatsbibliothek auch einen im Geheimen Staatsarchiv PK, worin unterscheiden sie sich?

Alle drei Exemplare stammen aus unterschiedlichen Druckereien: Das Exemplar im GStA PK ist einer der drei erhaltenen Erstdrucke aus der Leipziger Werkstatt von Jacob Thanner. In der Staatsbibliothek finden sich sowohl der zweite Plakatdruck, der in Nürnberg hergestellt wurde, als auch eine kleinformatigere „Lese“-Ausgabe aus Basel.

Die beiden Thesendrucke in der Staatsbibliothek wurden Ende des 19. Jahrhunderts erworben. Der Thesendruck im GStA PK hingegen ist nicht gekauft, sondern kam als Bestandteil der zentralen brandenburgischen Regierungsüberlieferung ins Archiv. Es ist also im Zusammenhang mit weiterem Schriftgut zu sehen. Damit hat das Stück auch eine Aussage, die darüber hinausgeht, dass mit dem Thesendruck die Reformation begonnen hat, nämlich: die Reformation begann und der Kurfürst von Brandenburg ist darüber sehr schnell informiert!

Berühmt ist der Thesendruck aus dem Geheimen Staatsarchiv aber auch wegen eines handschriftlichen Datierungsvermerks, den man lange Luther selbst zugeschrieben hat, der aber meiner Meinung nach wahrscheinlich von einer Kanzlistenhand stammt.

Was hat es mit dem Ausstellungstitel „Kreuzwege“ auf sich?

Wir mussten das Thema Reformation natürlich so bearbeiten, wie es uns das Archivgut im GStA PK ermöglicht. Und damit haben wir den Kontext der Hohenzollern, die über mehrere Jahrhunderte immer wieder am Kreuzweg standen, wie sie mit dem neuen Glauben umgehen, wie sie sich in der Glaubensfrage positionierten – und wie diese Glaubensfragen immer auch mit politischen Anliegen verknüpft waren. Woran glaubst du? Von dieser Entscheidung des Landesherrn hing immer auch das Schicksal seiner Untertanen ab.

Welche Entscheidungen trafen die verschiedenen Hohenzollern-Fürsten?

Es gab bis 1806 drei zentrale Entscheidungen, drei Kreuzwege: Zunächst die Entscheidung von Kurfürst Joachim II. von Brandenburg im 16. Jahrhundert, die neue Glaubensrichtung anzunehmen und Lutheraner zu werden. Rund vierzig Jahre später waren die Hohenzollern dann eine rein protestantische Dynastie.

Die zweite gravierende Entscheidung folgte Anfang des 17. Jahrhunderts: 1613 konvertierte Kurfürst Johann Sigismund zur reformierten Konfession – nicht zuletzt, um sich die Unterstützung der niederländischen Generalstaaten im jülich-klevischen Erbfolgestreit zu sichern. Und tatsächlich hatte er damit Erfolg, sodass Kleve, Mark und Ravensberg brandenburg-preußisch wurden. Aber noch eine weitere Entscheidung war in diesem Kontext höchst folgenreich: Der Kurfürst gestattete allen Untertanen, dass sie sich nach eigener Wahl auch zu anderen Konfessionen bekennen konnten, und setzte sich damit erstmals über das Reichsrechtsatz „cuius regio, eius religio“ hinweg, demzufolge der Herrscher eines Landes berechtigt war, die Glaubenszugehörigkeit für seine Untertanen vorzugeben.

Und die dritte?

Die traf König Friedrich Wilhelm I. Er war und blieb selbst reformierten Glaubens, schätzte aber den Pietismus. Hinsichtlich seiner Untertanen entschied er recht pragmatisch, in das durch Verheerungen und Seuchen verwüstete Brandenburg-Preußen Zuwanderer, gleich welcher Konfession, aufzunehmen, so etwa die berühmten Salzburger Glaubensflüchtlinge. Auch er setzte damit die Religion im Interesse der Landespolitik hintan.

Was muss ich neben den Thesen unbedingt in der Ausstellung sehen?

Ein Prunkstück ist sicher der aus Wien geliehene Faltenrock-Harnisch von Albrecht von Preußen, der das ehemals katholische Ordensland Preußen zum protestantischen Herzogtum machte.

Aus dem Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen zu Berlin, unserem Partner für die Ausstellung, sind unter anderem wunderbare liturgische Geräte beigesteuert. Die Zusammenarbeit, die wir ja schon 2011 zum 300. Geburtstag König Friedrichs von Preußen  erprobt haben, hat auch diesmal hervorragend funktioniert. Ich habe dem Kunstgewerbemuseum auch zu danken dafür, dass wir wieder in Schloss Köpenick zu Gast sein dürfen.

Und wir freuen uns sehr, dass die Kirchengemeinde die Schlosskirche Köpenick für die Ausstellungsbesucher öffnet – denn diese ist normalerweise nur im Rahmen von Gottesdiensten zugänglich.

Das Interview führte Birgit Jöbstl.

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