António Lobo Antunes im Spiegel der Literaturkritik: das Rezensionsarchiv im IAI
News vom 14.11.2023
Das Ibero-Amerikanische Institut hat vor kurzem das Rezensionsarchiv des Luchterhand Literaturverlags zu dem großen portugiesischen Schriftsteller erhalten. Es umfasst die Presseresonanz in deutschsprachigen Medien und reicht von Meldungen bis zu Buchbesprechungen.
„Ich beachte nur die Kritiker, die mich interessieren…“, so formulierte es der portugiesische Schriftsteller António Lobo Antunes unlängst in einem Interview. Und bekannte, dass am Anfang seines Schaffens die Kritik manchmal niederschmetternd war. António Lobo Antunes (Lissabon 1942) zählt zu den wichtigsten Autoren der europäischen Gegenwartsliteratur. Es heißt, die besten Bücher zur Geschichte Portugals seien von ihm geschrieben worden. Sein Werk umfasst mittlerweile mehr als zwanzig Titel und wurde in vierzig Sprachen übersetzt. Er wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. dem Camões-Preis, dem wichtigsten Literaturpreis der portugiesischsprachigen Länder.
In einer Gesprächsrunde im Oktober 2023 im Ibero-Amerikanischen Institut in Kooperation mit der Botschaft von Portugal und dem portugiesischen Kulturinstitut (Instituto Camões Berlim) wurde der große Autor geehrt. Neben seiner deutschen Übersetzerin Maralde Meyer-Minnemann, seiner langjährigen Lektorin Christine Popp beim Luchterhand Literaturverlag und dem Literaturwissenschaftler Benjamin Meisnitzer würdigte ihn in der Veranstaltung auch ein prominenter Politiker und Literaturliebhaber, der Präsident des portugiesischen Parlaments Augusto Santos Silva. Hervorgehoben wurde die tiefe psychologische Komplexität, die Lobo Antunes seinen Romanfiguren verleiht, was vermutlich auch mit seiner früheren Tätigkeit als Psychiater und Klinikleiter zu tun hat. Und seine Fähigkeit, die dunklen Flecken in der menschlichen Seele auszuleuchten. Als besonderes Merkmal seiner Texte wurde deren Vielstimmigkeit und Multiperspektivität gelobt. Kennzeichnend für sie ist eine Symphonie von Stimmen, die aus allen gesellschaftlichen Gruppen stammen und gleichberechtigt zu Wort kommen in ihrer eigenen individuellen Sprache. Der besondere Sprachstil des Autors, der die Lesenden unmittelbar an den Gedanken der Protagonisten teilhaben lässt, prägte schließlich eine eigene Art von Schreiben à la Lobo Antunes, den viele nachahmten.
Anlass der Veranstaltung war die Schenkung des sorgsam gepflegten Rezensionsarchivs des Luchterhand Literaturverlags an das Ibero-Amerikanische Institut. Es wurde in die Zeitungsausschnittsammlung der Sondersammlungen aufgenommen. Das Archiv umfasst die Presseresonanz in deutschsprachigen Medien. Es handelt sich hierbei um verschiedenste Materialien, insgesamt sind es zehn gutgefüllte Leitzordner, überwiegend in deutscher Sprache, aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Enthalten sind ausführliche Besprechungen in wichtigen Leitmedien und Transkripte von Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, aber auch kürzere Meldungen in Regionalblättern, außerdem Buchtipps in Stadtmagazinen, Erwähnungen in Privatradios und vieles mehr. Es bietet damit den Bibliotheksnutzer*innen einen wunderbaren Fundus, um die Rezeption der Werke von Lobo Antunes zu erforschen und sich seinem literarischen Schaffen anzunähern. In Deutschland konnte und kann der Schriftsteller auf viele gute, namhafte Rezensenten zählen, wie seine Lektorin anmerkte und das Archiv offenbart. Die Lektüre ihrer Analysen dürften auch für den Autor selbst interessant gewesen sein…