Süd-Nord-Dialog zur Demokratisierung des Wissens: Strategien und Herausforderungen für Lateinamerika und Europa

News vom 20.07.2023

Beim zweiten internationalen Thematic Workshop des Maria Sibylla Merian Centre Conviviality-Inequality in Latin America (Mecila) in La Plata wurden innovative Strategien der Wissenszirkulation und Demokratisierung erlebt und diskutiert.

Eine Gruppe von Menschen steht in einem Ausstellungsraum
© Rayelén Baridón, Relaciones Institucionales CCT

Organisiert vom Ibero-Amerikanischen Institut, Stiftung Preußischer Kulturbesitz und dem Instituto de Investigaciones en Humanidades y Ciencias Sociales (IdHICS/Conicet, Universidad Nacional de La Plata) fand vom 21. bis 23. Juni 2023 in La Plata, Argentinien der zweite Mecila Thematic Workshop “Knowledge, Medialities and Information Infrastructures: New Convivialities? Old Inequalities?” statt.

Das Verbundprojekt Mecila besteht seit 2017. Das Zentrum erforscht vergangene und gegenwärtige Formen des sozialen, politischen und kulturellen Zusammenlebens in Lateinamerika und der Karibik und will zu einem besseren Verständnis von Konvivialität in vielfältigen und ungleichen Gesellschaften beitragen. In einem Konsortium deutscher und lateinamerikanischer Institutionen arbeitet das Ibero-Amerikanische Institut zusammen mit der Freien Universität Berlin, der Universität zu Köln, der Universidade de São Paulo (USP), dem Centro Brasileiro de Análise e Planejamento (Cebrap), dem Instituto de Investigaciones en Humanidades y Ciencias Sociales (IdIHCS/Conicet) der Universidad Nacional de La Plata, und El Colegio de México. Mecila wird finanziert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF, Bundesministerium für Bildung und Forschung).

Das Ibero-Amerikanische Institut (IAI) koordiniert den Forschungsbereich „Medialities of Conviviality“ und ist für die Informationsinfrastruktur von Mecila verantwortlich, was auch die Vernetzung der Bibliotheken des Mecila-Konsortiums beinhaltet. Der zweite Thematic Workshop ergänzte und vertiefte die Diskussionen des ersten Thematic Wokshops, der im September 2022 im IAI stattfand, mit einem neuen Fokus auf den lokalen und innovativen Strategien und Praktiken der Wissensproduktion und -zirkulation.

Teilnehmer*innen der Partner-Institutionen des Mecila-Konsortiums sowie zentrale lokale und internationale Gäste diskutierten die Verbindung zwischen Wissen, Medialitäten und Informationsinfrastrukturen unter Berücksichtigung konvivialer Kontexte, die von Differenz und Ungleichheit geprägt sind. Der Workshop kombinierte die Diskussionen in thematischen Panels mit dem Besuch von strategischen Orten der Wissensproduktion und des Wissenstransfers der Stadt La Plata, Hauptstadt der Provinz von Buenos Aires.

Der erste thematische Schwerpunkt des Workshops war die transnationale Produktion und Zirkulation von Wissen, wobei innovative Infrastrukturen und integrative Kooperationsstrategien im Vordergrund standen. Nach einem Einführungspanel zur Relevanz des Mecila-Konsortiums und dem Forschungsbereich „Medialities of Conviviality“ befasste sich das zweite Panel mit dem Beitrag und den Herausforderungen internationaler Projekte zur Entwicklung einer vielfältigeren und symmetrischeren Nord-Süd-Zusammenarbeit. Eine der strategischen Ressourcen in der Geopolitik des Wissens sind Forschungsdaten. Aus diesem Grund fokussierte das dritte Panel auf lateinamerikanische Strategien für Open Data unter Berücksichtigung der Vielfalt der wissenschaftlichen Praktiken, institutioneller Instabilitäten und der Herausforderungen der Wissenschaftspolitik.

Der zweite Schwerpunkt des Workshops war Prozessen und Praktiken der Wissensproduktion gewidmet. Themen wie Verlagspolitik, Übersetzung und Mediationen wurden als Praktiken und Verhandlungen zur Positionierung von Wissen aus Lateinamerika diskutiert. Der dritte thematische Schwerpunkt befasste sich mit verschiedenen Aspekten der Verwaltung, Nutzung und Entwicklung von Informationsinfrastrukturen. Die Diskussion fokussierte auf die Auswirkungen der digitalen Transformation, die einen neuen Zugang zur Informationen ermöglicht, aber auch Ungleichheiten aufrechterhält bzw. neue schafft.

Besonders prägend war der Besuch in der Comisión Provincial por la Memoria, einem zentralen Archiv zur Aufarbeitung der Staatsgewalt und Repression in Argentinien, vor allem während der Militärdiktatur 1976–1983. Die Auseinandersetzung vor Ort mit den verschiedenen Materialien/Medialitäten sowie deren Nutzungen prägte die Debatte zur gesellschaftlichen Relevanz des Archivs. Im Museo de La Plata/Facultad de Ciencias Naturales wurde diese Debatte auf die Aufarbeitung der Gewalt gegen Indigene erweitert sowie auf die Herausforderungen in der aktuellen Zusammenarbeit von Wissenschaftler*innen und indigenen Communities. Mit dem Besuch des Innovation-Hub Y-TEC, das an der Entwicklung von neuen Technologien u.a. im Bereich nachhaltiger Energieindustrie und Landwirtschaft arbeitet, wurde die Gruppe zu einem interdisziplinären Dialog herausgefordert.  

Der nomadische Charakter dieses Thematic Workshops hatte zum Ziel, Herausforderungen der Wissensproduktion an konkreten Orten zu erleben, ebenso wie das Projekt Mecila mit verschiedenen institutionellen Räumen und akademischen Netzwerken zu verbinden.

Weiterführende Links

zur Übersicht