Sechs digitale Konzepte für das Museum von morgen
31.10.2018Sechs digitale Konzepte für das Museum von morgen
Im Projekt museum4punkt0 experimentieren sieben Kulturinstitutionen mit digitalen Technologien. Das Ziel: Das Museum auf neue Art erlebbar machen. Die Teilprojekte stellen sich vor.
Mit museum4punkt0 startete 2017 ein ambitioniertes Digitalprojekt: In sechs Teilprojekten entwickeln sieben Kultureinrichtungen aus ganz Deutschland gemeinsam digitale Angebote für neue Formen der Bildung, Partizipation und Kommunikation im Museum. Das Besondere: Die beteiligten Museen stehen von der Konzeption über die Umsetzung bis hin zur Veröffentlichung ihrer neuen digitalen Formate im permanenten Austausch und beraten sich in Fragen der Technologiewahl, zu Vermittlungs- und Testmethoden oder auch zu Standards in der Digitalisierung von Kulturgut. Dabei herauskommen sollen sowohl Konzepte als auch erste Prototypen. museum4punkt0 testet neue digitale Formate, mit denen Besucherinnen und Besucher ihr Museumserlebnis individuell gestalten oder eigenes Wissen und Erfahrungen in Ausstellungen und Online-Angebote der Museen einbringen können.
Kooperation fördern: Zentrale wissenschaftliche Projektsteuerung im Projekt museum4punkt0
Monika Hagedorn-Saupe, Gesamtleitung und Verbundkoordinatorin von museum4punkt0, über Potentiale der institutionsübergreifende Zusammenarbeit.
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Warum ist es wichtig, dass sich Museen in einem Verbund zusammenschließen?
Das Wichtige und die Chance, die wir haben mit dem Verbundprojekt, ist, dass Museen ganz unterschiedlicher Art und auch mit ganz unterschiedlichen Kenntnissen voneinander lernen können. Das heißt, man tauscht sich miteinander aus, man macht Erfahrungen, die man an die anderen weitergeben kann, und man spricht gemeinsam darüber, sodass wirklich etwas entstehen kann, was auch, wenn man eigentlich jetzt speziell aus dem Kunstmuseumsbereich kommt, dann anwendbar ist auch im naturwissenschaftlichen Bereich oder im technischen Bereich.
© SPK / Friederike Schmidt
Migrationsgeschichte digital erleben: museum4punkt0-Teilprojekt im Deutschen Auswandererhaus Bremerhaven
In zwei Ausstellungssettings testet das Museum bis Ende November, wie rein analoge und rein digitale Inszenierungsweisen auf BesucherInnen wirken. Simone Eick, Direktorin des Deutschen Auswandererhauses, über die nächsten Schritte.
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Das Ausstellungsexperiment zum Ersten Weltkrieg geht bald zu Ende. Was ist als nächstes geplant?
Wir werden dann die wissenschaftliche Studie, die ja unser Ausstellungsexperiment begleitet, im Februar veröffentlichen. Dann werden wir vorstellen, ob die Besucher analog oder digital, welche Geschichte besser wahrgenommen haben, anders wahrgenommen haben. Also die wissenschaftliche Studie im Februar 2019, dann werden wir im Museum und auch wieder auf der Webseite des Museums nächstes Jahr verschiedene Portale haben, anthologische Portale, wo wir der Frage nachgehen, wie wird die Meinungsbildung zum Thema Migration digital beeinflusst.
© SPK / Friederike Schmidt Deutsches Auswandererhaus Bremerhaven
Deutsches Auswandererhaus Bremerhaven – Migrationsgeschichte digital erleben
Über das Ausstellungsexperiment „Kriegsgefangen. Ohnmacht. Sehnsucht“ erprobt das Deutsche Auswandererhaus Bremerhaven seit Sommer 2018, wie sich historische und emotionale Aspekte von Migration digital vermitteln lassen. In zwei Settings – mit Originalen einerseits und rein digital andererseits – erforscht es, welche Gefühle und Lerneffekte die jeweilige Inszenierungsart bei den Besuchern hervorruft. Zugleich testet das Museum unterschiedliche Formate, in denen Menschen im Museum und über die Website des Deutschen Auswandererhaus an Debatten zu Fragen der Migration teilnehmen können. Über ein Online-Portal wird es künftig zudem möglich sein, eigene Familiengeschichten mit dem Museum zu teilen.
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Museen der Schwäbisch-Alemannischen Fastnacht – Kulturgut Fastnacht digital
Emotionale Facetten immateriellen Kulturguts zu vermitteln ist auch Ziel des Museum Narrenschopf Bad Dürrheim und des Fasnachtsmuseums Schloss Langenstein: Hierzu sind in der letzten Fastnachtssaison zahlreiche 360-Grad-Filme entstanden, die Betrachter mitten ins Brauchgeschehen versetzen. In einem virtuellen Fastnachtsmuseum sollen künftig Narren und Laien ihre persönlichen Fastnachtserlebnisse teilen und in gemeinsamen Online-Events auch ganzjährig Aspekte des Brauchs praktizieren können.
Im Fasnachtmuseum Schloss Langenstein steht die Frage im Zentrum, wie sich Klänge, Bewegungen und Aktivitäten der Fastnacht in einem Parkour vermitteln und individuelle Interessen und Kenntnisstände der Besucherinnen und Besucher berücksichtigen lassen. Hierzu wird ein digitales, in Museumsräume integriertes Guidesystem getestet, das auf Inputs und Interaktionsmuster der Besucher reagiert, Orientierung bietet und auf noch unbekannte Facetten des Kulturerbes aufmerksam macht.

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Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss – Der Humboldt’sche Kosmos im digitalen Raum
Besucherinnen und Besucher gestalten aktiv das Wissen im Museum: Die Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss entwickelt das Video-Storytelling-Toolkit „kosmosdigital Humboldt Forum“, mit dem unterschiedliche Zielgruppen ihre Geschichten zu Exponaten einbringen können. In Kooperation mit der Humboldt Universität zu Berlin entsteht zudem die mobile Anwendung „MeinObjekt“. Mit dem Tool können Nutzer spielerisch ihr persönliches Lieblingsobjekt finden und sich auf eine Entdeckungsreise durchs Museum begeben, bei der individuelle Interessen berücksichtigt sind.
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Mitreden, mitmachen, mitgestalten – das Museum als Ort der Begegnung
Staatliche Museen zu Berlin – Visitor Journeys neu gedacht: Digitale Erweiterung des Museumsbesuchs
Nach Monaten intensiver Besucher- und Nutzerforschung entwickeln die Staatlichen Museen zu Berlin Services, die das Museumserlebnis vor, während und nach dem Besuch digital ergänzen. In Experimenten erproben die Museen, wie sich etwa Augmented Reality kreativ nutzen lässt – um beispielsweise verborgene Schichten in Gemälden sichtbar zu machen, geographische und soziale Kontexte von Exponaten zu verdeutlichen oder Führungen interaktiv zu gestalten.
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Visitor Journeys neu gedacht - museum4punkt0-Teilprojekt der Staatlichen Museen zu Berlin
Die Teilprojektkoordinatorin bei den Staatlichen Museen zu Berlin, Nadja Bauer, erklärt, warum ein ganzheitlicher Blick auf das Museumserlebnis Sinn macht.
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Warum ist ein ganzheitlicher Blick auf den Museumsbesuch wichtig und welche Potenziale bietet er?
Das ist ja so, dass Besucher oder potentielle Besucher nicht nur während einer Ausstellung mit einem Museum in Kontakt stehen, sondern es gibt ja verschiedene Kontaktpunkte, wie beispielsweise können das Social Media sein, es können aber auch Poster beispielsweise sein oder man trifft jemanden. Es geht halt eben darum zu schauen, diese Kontaktpunkte zu erforschen und eben auch zu schauen, wie können wir Besucherinnen und Besucher adressieren, erstmal zu inspirieren, ins Museum zu kommen, sich mit unseren Kulturschätzen auseinanderzusetzen und eben auch noch dazu bewegen, nach dem Museumsbesuch mit uns in Verbindung zu bleiben. Darüber hinaus wollen wir natürlich auch der größeren Diversität Rechnung tragen von Besucherinnen und Besuchern, vielleicht auch welche, die nicht das Museum besuchen können, und da bieten ja beispielsweise digitale Kontaktpunkte und Medien wunderbare Möglichkeiten, eben auch das Wissen multiperspektivisch zu vermitteln.
© Video: SPK / Friederike Schmidt Sequenzen zum Augmented-Reality-Prototyp: © NEEEU Spaces GmbH
3D-Visualisierung: Perspektiven für die museale Vermittlung - museum4punkt0-Teilprojekt im Deutschen Museum
Georg Hohmann, Leiter des museum4punkt0-Teilprojekts, erklärt, warum sich das Deutsche Museum mit 3D-Digitalisierung und -Visualisierung beschäftigt und welche Fragen dabei im Fokus sind.
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Was wird in Ihrem Projekt erforscht und warum ist dies wichtig?
Der Schwerpunkt des Deutschen Museum ist die 3D-Digitalisierung und die 3D-Visualisierung im Museum, in der musealen Vermittlung. Wir wollen eigentlich die ganze Bandbreite erforschen. Es geht darum, wie kann man mit 3D-Technologie, mit 3D-Visualisierung die Museumsbesuche vielleicht doch steigern, welche Erkenntnisse kann man gewinnen und welche Mehrwerte kann man schaffen. Wir wollen die ganze Palette zeigen, das heißt, wir wollen eine sehr einfache Lösung gegenüberstellen einer sehr komplexen Lösung, um zu sehen, wie sind die Arbeitsabläufe, die dahinterstecken, und zu erforschen, was ist auch in der tagtäglichen Anwendung anwendbar.
© SPK / Friederike Schmidt Deutsches Museum
Deutsches Museum – 3D-Visualisierung: Perspektiven in der musealen Vermittlung
Mit einem Fokus auf 3D-Digitalisierung und -Visualisierung macht das Deutsche Museum München Meilensteine der Technik erlebbar. Im Münchner VRlab können Besucher seit August 2018 virtuelle Rekonstruktionen des Lunar Rover, der Sulzer-Dampfmaschine oder des Benz-Motorwagens selbst steuern und dabei spielerisch Funktionsweisen der Maschinen kennenlernen. Hierzu wurden im Vorfeld die historischen Originale detailgetreu in 3D digitalisiert.
Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz – Forschung in Museen erklären, verstehen, mitmachen
Als Museum mit starker Forschungsausrichtung entwickelt das Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz digitale Formate, die wissenschaftliche Erkenntnisse erlebbar machen. Durch eine Virtual Reality-Animation gewährt das Museum Einblick in den Reichtum des Lebens im Waldboden: Virtuell auf Insektengröße geschrumpft, dringen Besucherinnen und Besucher in den Boden vor und lernen Lebewesen hautnah kennen, die sonst kaum zugänglich sind. Zugleich entstehen interaktive Tools, mit denen jeder Interessierte sich in die Forschung einbringen kann: Durch Apps können Laien Bodentiere identifizieren und Informationen zu ihren Funden in den Corpus der Forschungsdaten einzuspeisen.
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Forschung in Museen erklären, verstehen, mitmachen - museum4punkt0-Teilprojekt im Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz
Willi Xylander, Direktor des Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz, spricht über über Formate, die das Museum in den letzten Monaten entwickelt hat, um naturkundliche Forschung für ein breites Publikum zugänglich zu machen.
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Welche unterschiedlichen Schwerpunkte setzen Sie mit Ihrem Projekt?
Also in Görlitz haben wir zwei Schwerpunkte. Auf der einen Seite wollen wir Bürger einbinden in die Forschung, auf der anderen Seite möchten wir Forschungsergebnisse innovativ und attraktiv vermitteln. Die attraktive Vermittlung machen wir mit virtuellen Realitäten, wo wir Menschen in Lebensräume bringen, die sonst nicht erlebbar sind, bei uns in dem Fall, unserem Forschungsgebiet folgend, den Boden. Die Einbeziehung der Bürger in Wissenschaften, also das Generieren von Bürgerwissenschaften, machen wir mit Bestimmungsschlüsseln, wo wir den Bürgern die Möglichkeit geben, sich mit der Biodiversität auseinanderzusetzen, Ergebnisse zu generieren, die dann für die Forschung zur Verfügung stehen.
© SPK / Friederike Schmidt Visualisierung: Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz / hapto

museum4punkt0 - digitale Instrumente für Vermittlung, Bildung, Kommunikation und Forschung in Museen
In sechs Teilprojekten entwickeln seit 2017 sieben Kultureinrichtungen aus ganz Deutschland gemeinsam digitale Angebote für neue Formen der Bildung, Partizipation und Kommunikation im Museum. Die beteiligten Museen stehen von der Konzeption über die Umsetzung bis hin zur Veröffentlichung ihrer neuen digitalen Formate im permanenten Austausch. Das Produkt sind sowohl Konzepte als auch erste Prototypen. So werden neue digitale Formate getestet, mit denen Besucherinnen und Besucher ihr Museumserlebnis individuell gestalten oder eigenes Wissen und Erfahrungen einbringen können. museum4punkt0 ist auf drei Jahre angelegt und wird von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien mit insgesamt 15 Mio. € gefördert. Die SPK hat die wissenschaftliche Projektsteuerung übernommen.