Welfenschatz und Alexander von Humboldts Reisetagebücher unter Schutz gestellt

News vom 23.02.2015

Nach einem mehrmonatigen Verfahren hat der Sachverständigenausschuss des Landes Berlin am 6. Februar 2015 den Welfenschatz und die „Amerikanischen Reisetagebücher“ Alexander von Humboldts als national wertvolles Kulturgut qualifiziert und in das entsprechende Verzeichnis eingetragen. Der Welfenschatz ist im Berliner Kunstgewerbemuseum beheimatet. Die Reisetagebücher werden in der Staatsbibliothek zu Berlin bewahrt.

Gemäß Paragraph 1 Absatz 4 des Kulturgutschutzgesetzes können der Welfenschatz und Humboldts Reisetagebücher nun nur noch mit Genehmigung der Kulturstaatsministerin aus Deutschland ausgeführt werden. Das gilt auch für die nur vorübergehende Ausfuhr im Leihverkehr.

Der Welfenschatz

Das Gremium schloss sich dabei den fachlichen Stellungnahmen des stellvertretenden Direktors des Kunstgewerbemuseums, Lambacher, vom März 2014 sowie des Vorsitzenden des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft, Augustyn, vom Juli 2014 an.

Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, begrüßte diesen Schritt, der für den Welfenschatz die höchstmögliche Einstufung und verdiente Anerkennung als für Deutschland unbedingt zu erhaltendes Kulturgut bedeute. „Das Land Berlin hat erkannt, welche Bedeutung dieser größte deutsche Kirchenschatz für unsere Kulturnation besitzt. Aber es geht um mehr als nur um wertvolle Stücke aus einem unserer Museen, letztlich um das Bewahren von Weltkulturerbe. Genau deshalb ist die jetzt vorgenommene Eintragung das richtige Signal.“

Der heute so genannte Welfenschatz, der Reliquienschatz der früheren Stiftskirche St. Blasius zu Braunschweig (heute: Braunschweiger Dom), wuchs im Mittelalter über mehrere Jahrhunderte durch zahlreiche Stiftungen zu einem der bedeutendsten deutschen Kirchenschätze an. Er gelangte 1671 in den Besitz des Welfenhauses, das 1929 den damals aus 82 Objekten bestehenden Schatz an ein Händlerkonsortium verkaufte. Von diesem Konsortium erwarb der preußische Staat im Juni 1935 über die Dresdner Bank 42 Werke für das Schlossmuseum, das heutige Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen zu Berlin.

Der im Kunstgewerbemuseum bewahrte Teil des Welfenschatzes umfasst heute 44 Werke der Schatzkunst aus dem 11. bis zum 15. Jahrhundert. Damit ist er der größte deutsche Kirchenschatz im Eigentum einer öffentlichen Kunstsammlung.

Der Welfenschatz bestimmte mehrere Jahre lang ein Restitutionsverfahren, da einige Mitglieder des Händlerkonsortiums jüdischen Glaubens waren. Deren Erben hatten geltend  machen wollen, dass die Händler den Welfenschatz 1935 nur verkauften, weil sie von den Nationalsozialisten unter Druck gesetzt worden seien. Die intensiven Recherchen der SPK haben jedoch ergeben, dass der Verkauf nicht als Zwangsveräußerung einzuordnen ist. Die Beratende Kommission unter Vorsitz der früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Jutta Limbach, und unter Mitwirkung des kürzlich verstorbenen Altbundespräsidenten Richard von Weizsäcker, die von den Antragstellern und der SPK gemeinsam angerufen wurde, hat uneingeschränkt diese Einschätzung der SPK bestätigt, wonach es sich beim Welfenschatz nicht um einen von den Nazis erzwungenen Zwangsverkauf gehandelt habe. Die Kommission empfahl im März 2014, den Welfenschatz nicht zu restituieren. Die Beratende Kommission wurde von der Bundesregierung mit dem Ziel eingerichtet, in berechtigten Fällen eine Herausgabe zu ermöglichen, da Klagen vor Zivilgerichten in der Regel wegen der eingetretenen Verjährung aussichtslos sind. Die wissenschaftlichen Recherchen zum Welfenschatz sind auf der Internet-Seite der SPK nachzulesen.

Alexander von Humboldts „Amerikanische Reisetagebücher“

Für den Sachverständigenausschuss des Landes Berlin haben die „Amerikanischen Reisetagebücher“ Alexander von Humboldts eine herausragende Bedeutung für die deutsche Literatur- und Wissenschaftsgeschichte. Mit dieser Einschätzung schließt sich der Ausschuss den fachlichen Stellungnahmen von Prof. Dr. Ottmar Ette, Universität Potsdam, aus dem Februar 2013 und von Frau Dr. Jutta Weber, Staatsbibliothek zu Berlin, aus dem Januar 2014 an.

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hatte den Erwerb Alexander von Humboldts Amerikanischer Reisetagebücher Ende 2013 bekanntgegeben. Humboldt verfasste die Tagebücher teils in deutscher, teils in französischer Sprache während seiner großen Entdeckungsreise durch Mittel- und Südamerika in den Jahren 1799 bis 1804. Diese einmaligen und international höchst bedeutenden historischen Schriften gelten als die zweite, die wissenschaftliche Entdeckung Amerikas. Es handelt sich um knapp 4000 Seiten, dicht beschrieben und mit eigenhändigen Skizzen Humboldts versehen. Der Kauf der Reisetagebücher wurde durch die außergewöhnliche Unterstützung von öffentlichen und privaten Förderern ermöglicht.

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