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«Покажи більше українського мистецтва та культури!»

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Die SPK arbeitet seit Jahren eng mit Wissenschaftler*innen in der Ukraine zusammen. Wie sich die Lage seit 2014 und dem russischen Überfall am 24. Februar 2022 verändert hat und was jetzt getan werden kann:

„Zeigt mehr ukrainische Kunst und Kultur!“, appellierte Kulturstaatsministerin Claudia Roth am 27. Februar – dem vierten Tag der russischen Invasion der Ukraine – an deutsche Museen, Theater, Konzertveranstalter und Kultureinrichtungen. So eng die Ukraine und Russland in ihrer Geschichte auch verbunden seien, so sei es gerade jetzt wichtig zu zeigen, dass die Ukraine eine eigene Kultur besitzt, die man nicht automatisch mit Russland gleichsetzen könne, sagte auch SPK-Präsident Hermann Parzinger.

Flagge in Blau und Gelb auf einem Balkon

Flagge zeigen: Die SPK solidarisiert sich mit der Ukraine © SBB PK / Sandra Caspers

Neben den Beziehungen zu Russland hat die SPK seit vielen Jahren auch enge Verbindungen zur Ukraine. Das Museum Europäischer Kulturen (MEK) der Staatlichen Museen zu Berlin besitzt etwa 1200 Objekte zur Alltagskultur und populären Kunst verschiedener sozialer Schichten des 19. Jahrhunderts aus Gebieten der heutigen Ukraine. Die meisten stammen von den Krimtataren der Halbinsel Krim und wurden in den 1920er und 1990er Jahren vor Ort gesammelt. Bis zur Annexion der Krim 2014 durch Russland pflegte das MEK intensive Kontakte zu Wissenschaftler*innen und Museumskolleg*innen vor Ort, mit denen in unterschiedlichen Projekten vor allem in Berlin zusammengearbeitet wurde. Mit dem Überfall Russlands auf die Krim 2014 sind die Kontakte allerdings jäh abgebrochen und konnten aufgrund der politisch prekären Lage der Krimtataren bis heute nicht wiederaufgenommen werden.

Die russische Annexion 2014 nahm das MEK zum Anlass, relativ zügig auf politische und gesellschaftliche Themen reagieren und Verbindungen zur eigenen Sammlung aufzeigen zu können, indem es das Format „Das aktuelle Schaufenster“ etablierte, eine große Vitrine im Foyer des MEK, die heute unter dem Namen „Bewegungsmelder“ läuft. Der Bewegungsmelder Nr. 1 trug den Titel „Was haben die Krimtataren mit dem Museum Europäischer Kulturen zu tun?“

Die Erfahrungen aus dem Überfall 2014 schüren auch jetzt die Sorgen der deutschen Wissenschaftler*innen: „Die Befürchtung besteht darin, dass die Kolleg*innen und ihre Museen sowie die Sammlungen ernsthaft gefährdet sind. Ein lokales Museum in der Ostukraine ist bereits stark zerstört; die Sammlungen konnten aber wohl gerettet werden“, so MEK-Direktorin Elisabeth Tietmeyer, die sich seit 1994 intensiv mit der krimtatarischen Sammlung und deren Ausstellung beschäftigt.

"Momentan ist die Situation zu gefährlich, um aktiv zu helfen. Nach Beendigung des Krieges müssen jeweils Bestandsaufnahmen vor Ort gemacht werden. Vermutlich ist vor allem hier die Hilfe von Logistiker*innen und Restaurator*innen gefragt. Aber die SPK sollte hier keinen Alleingang machen, sondern zusammen mit ICOM (International Council of Museums) handeln, da vor allem dort die Kontakte zu den ukrainischen Kolleg*innen bestehen."

Vitrine im Museum
Bewegungsmelder im Museum Europäischer Kulturen nach der Annexion der Krim 2014: „Was haben die Krimtataren mit dem Museum Europäischer Kulturen zu tun?“ © Staatlichen Museen zu Berlin, Museum Europäischer Kulturen / Ute Franz-Scarciglia
Gebäudefassade mit Flaggen in Blau und Gelb
An den Häusern der SPK wehen seit Kurzem ukrainische Flaggen © SBB PK / Sandra Caspers

In der Staatsbibliothek zu Berlin (SBB) befindet sich eine Sammlung von etwa 43000 Drucken aus dem Staatsgebiet der heutigen Ukraine, die jedes Jahr um etwa 1000 Titel aus Erscheinungsorten wie Kiew, Lwiw und Charkov wächst. Dazu kommen Veröffentlichungen über die Ukraine in westlichen Sprachen, der Schwerpunkt liegt in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Außerdem betreut die SBB mit Förderung der DFG den Fachinformationsdienst Slawistik, wozu auch Veröffentlichungen zur ukrainischen Sprache und Literatur einschließlich der originalsprachigen Romane, Erzählungs- und Gedichtbände sowie die Übersetzungen ins Deutsche gehören. Die Erwerbungen werden über das Slavistik-Portal, den Stabikat und den Neuerwerbungsdienst der Osteuropa-Abteilung publik gemacht.

Zudem bewahrt die SBB im Auftrag der Sing-Akademie zu Berlin deren Archiv auf, zu dem auch große Teile des 2001 aus Kiew an die Sing-Akademie zurückgegebenen Sammlungsteils gehört. Dieser Teil war während des 2. Weltkrieges nach Schlesien ausgelagert, von dort nach Kiew verbracht und erst Ende der 1990er Jahre wiederentdeckt worden. Der Abteilungsleiter der Osteuropa-Abteilung, Olaf Hamann, wirkt nicht zuletzt deshalb auch in einer gemeinsamen deutsch-ukrainischen Regierungskommission zu kriegsbedingt verlagerten Kulturgütern mit, deren Arbeit pandemiebedingt momentan ruht. Die SBB versucht auf dieser Grundlage auch die Beziehungen zur Nationalbibliothek in Kiew zu entwickeln. Eine Einladung der Kiewer Direktorin Dr. Ljubov Dubrovina konnte jedoch wegen der Pandemie bisher nicht wahrgenommen werden. In kleinerem Umfang gibt es noch Schriftentausch mit der Національна бібліотека України імені Ярослава Мудрого (Nacional’na biblioteka Ukraïny imeni Jaroslava Mudroho).

Für den Sammlungsaufbau in der Osteuropa-Abteilung der SBB zur Ukraine ist der Krieg ein schwerer Schlag, dessen Folgen bisher kaum abzuschätzen sind. Die Lieferwege sind blockiert, die Buchproduktion in der Ukraine ist momentan zum Erliegen gekommen. Bereits seit der Annexion der Krim 2014 ist die Buchproduktion in der Ostukraine deutlich zurückgegangen. Sowohl Monographien als auch Zeitschriften wird die SBB nicht mehr aktuell bereitstellen können, wenn diese überhaupt erscheinen. Ob sich ein Teil der Veröffentlichungen zukünftig einen virtuellen Weg in das SBB-Repositorium bahnen kann, ist noch völlig unsicher. Bisher hat die SBB kaum Online- Publikationen aus der Ukraine.

Auch die geplanten engeren Beziehungen zur Nationalbibliothek können zunächst nicht weiterverfolgt werden. Die Bibliotheken in Kiew sind zurzeit geschlossen, ob und wie die Kämpfe bisher auch Bibliotheken betroffen haben, ist unklar.

Die Mitarbeiter*innen der SBB sorgen sich aktuell zuallererst um Leib und Leben der Menschen vor Ort und auf der Flucht, deren Schutz und Hilfe die höchste Priorität hat. Aber auch für die gesamte Infrastruktur, für Kulturgüter, für Bibliotheken ist der Krieg eine enorme Gefahr. Die Hoffnung, dass bald eine tragfähige Lösung für Frieden und eine freie Ukraine gefunden wird, ist groß. Sobald es möglich ist, soll den ukrainischen Bibliotheken Hilfe angeboten werden.

    Das kann fachliche Unterstützung, beispielsweise bei der Restaurierung beschädigter Bestände, sein oder auch Bücherlieferungen umfassen. Das wird aber erst nach Ende der kriegerischen Handlungen entschieden werden können.

    Innerhalb der Beschäftigten der Osteuropa-Abteilung der SBB sind viele osteuropäische Nationen vertreten. Kolleg*innen haben Verwandte und Freunde in der Ukraine. Alle sind tief betroffen und in Gedanken bei den Menschen vor Ort.

    Wie Sie helfen können


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