Das Ekori: Eine deutsch-namibische Verflechtungs-geschichte

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Wie wir Wissen über historische Objekte aus Namibia im Ethnologischen Museum reaktivieren und von unseren namibischen Kooperationspartner*innen lernen

Als Objekte in kolonialen und oftmals traumatischen Kontexten gesammelt wurden und von Namibia in die Sammlung des Ethnologischen Museums Berlin kamen, haben sie oftmals ihre ursprünglichen Bedeutungen verloren. Ein Kooperationsprojekt zwischen der Museums Association of Namibia (MAN) und dem Ethnologischen Museum Berlin versucht derzeit, das Wissen über die Objekte zu reaktivieren und ihre Geschichten besser verstehen zu lernen. Cynthia Schimming, einer der Expert*innen von MAN, erklärt die Geschichte hinter einem der Objekte im Depot:

„Das Ekori ist ein Kopfschmuck, den Ovaherero Frauen vor dem kolonialen Kontakt trugen. Es wurde aus Leder gefertigt und mit Eisenperlen und aufwändigen Lederstickereien verziert. Das Ekori war Teil eines Mode-Ensembles, bestehend aus einem Stirnband, das normalerweise zusammen mit einem wunderschön gearbeiteten Umhang getragen wurde sowie mit Halsketten, Arm- und Beinschmuck, die alle mit Perlen aus Eisen oder Straußeneierschalen verziert waren.

Der Kontakt mit Missionaren im späten 19. Jahrhundert veränderte diese Art der Mode. Sie führten Kleider im viktorianischen Stil ein und verboten Frauen, Leder auf pastoralem Boden zu tragen. Die Missionare betrachteten auch die Form der Ekori, die die Hörner von Kühen repräsentierten (den Reichtum der Ovaherero) als Symbol des Teufels, und lehnten sie ab. Der von 1904 bis 1908 von den Deutschen an den Ovaherero und Nama verübte Völkermord führte dazu, dass eine ganze Generation von Handwerker*innen und Künstler*innen ihr Wissen nicht mehr an die nächste Generation weitergeben konnte. Die Überlebenden des Völkermords suchten oft Zuflucht in der Nähe von Missionsstationen und schufen langsam, aber stetig eine neue Form der traditionellen Kleidung: das Kleid, das wir als Ovaherero heute tragen. Anstelle von Leder begannen die Künstler*innen Textilien für ihre Kleidung zu verwenden. Dabei erhielt das Ekori auch einen neuen Namen, Otjikaiva, was wörtlich ‚Kopfbedeckung aus Stoff‘ bedeutet.

Trotz dieser Einschnitte in das soziale Geflecht der Menschen haben wir Ovaherero neue Wege gefunden, Vergangenheit und Gegenwart zu verbinden und unsere Kunstfertigkeit, unseren Stolz und unsere Identität über unsere Kleidung auszudrücken.“ Die Ekori können dabei eine wichtige Rolle spielen: „Im National Museum Namibia gibt es nur drei Ekori. Im Ethnologischen Museum Berlin gibt es vierzehn davon. Das Handwerk, die Kunstfertigkeit, die Bedeutung dieser Kunstwerke ist unseren Jugendlichen nicht bekannt. Ich denke, die Ekori sollten nach Hause zurückkehren.“ fügt Cynthia Schimmer hinzu.

Das Ekori, ein Frauenkopfschmuck, ist ein wichtiger, fast heiliger Teil der Ovaherero-Kleidung
Das Ekori, ein Frauenkopfschmuck, ist ein wichtiger, fast heiliger Teil der Ovaherero-Kleidung © Christoph Mack
Cynthia Schimming ist eine von mehreren Gastforscherinnen im Ethnologischen Museum
Cynthia Schimming ist eine von mehreren Gastforscherinnen im Ethnologischen Museum © Christoph Mack

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