Tagungsband „Electronic Musical Instruments in Museum Collections“

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Anlässlich der internationalen Tagung „Electronic Musical Instruments in Museum Collections“ im Mai 2019 erscheint der zugehörige Band, dessen inhaltlicher Schwerpunkt auf sammlungsbezogenen Fragen und Problemstellungen zum äußerst vielfältigen Gebiet elektronischer Musikinstrumente liegt. Erstmalig werden Ansätze von restauratorischen und kuratorischen Kernaufgaben erörtert und Lösungsansätze diskutiert, um diesen jungen Entwicklungsstrang der Musikinstrumente in Sammlungen besser integrieren zu können.

Die vielbeachtete Sonderausstellung „Good Vibrations. Eine Geschichte der elektronischen Musikinstrumente“, die im Jahr 2017 realisiert wurde, rückte anhand ausgewählter Objekte die komplexen Verflechtungen technologischer Entwicklungen mit elektronischen Musikinstrumenten in den Fokus. Die Vielzahl an höchst diverser Klangerzeuger, die zu dieser Ausstellung gezeigt wurde, verdeutlichte besonders ein Themenfeld, das dringliche Fragen aufwirft: die Verankerung dieser Objekte in musealen Sammlungen.

Elektronische Musikinstrumente sind in öffentlichen Sammlungen üblicherweise eine Randerscheinung, während der Fokus auf historischen, kunsthandwerklich gefertigten Instrumenten liegt. In technisch orientierten Museen sind sie ebenfalls selten vertreten und dort wiederum kaum im Kontext der Musikgeschichte präsentiert. Dennoch haben sie einen enormen Einfluss auf die Musik ab dem 20. Jahrhundert. Im Mai 2019 richtete das Musikinstrumenten-Museum des Staatlichen Instituts für Musikforschung eine internationale Konferenz aus, die sich diesem Themenfeld annahm.

Der Schwerpunkt lag auf dem sammlungsbezogenen Umgang und den daraus resultierenden Herausforderungen und Problemstellungen mit dieser speziellen Form von Klangerzeugern.

Detail eines Mixtur-Trautoniums nach Oskar Sala

Detail des Mixtur-Trautoniums nach Oskar Sala (Kat.-Nr. 5834), erbaut von Professoren der Fachhochschule der Deutschen Telekom nach dem Vorbild von Salas eigenem Instrument. © Foto: Anne-Katrin Breitenborn

Flankierend wurden unterschiedliche Perspektiven auf diese Instrumentenform erörtert, die sich neuartiger Herangehens- und Interpretationsweisen, beispielsweise der Begriffe „Instrument“ oder „Virtuosität“, an praktischen Beispielen und in theoretischer Form widmeten.

Die einleitenden Vorträge konzentrierten sich auf die Kernaufgaben von Sammlungen, der Dokumentation und der Konservierung bzw. Restaurierung. Beide sind eng miteinander verwoben und die außergewöhnlichen Materialien sowie die Komplexität in der Konstruktion selbst stellt dabei ein wesentliches Problem dar. Eine adäquate Dokumentation sowie der restauratorische Umgang verlangen genaue Kenntnis der Objekte, die Komplexität und Diversität der Instrumente stellt diesbezüglich jedoch eine enorme Herausforderung dar.

Erfahrungswerte auf diesem Gebiet sind bislang kaum vorhanden und die Materialität, beispielsweise die höchst komplizierte Metallverarbeitung in Mikrochips, oder auch der Verwendung gasgefüllter Trioden, zeigen die Problematik der Restaurierung deutlich auf. Zugleich drängt die Zeit: die bereits in Sammlungen befindlichen Objekte sollten rasch dokumentiert werden, bevor die kurze materielle Lebensdauer der Komponenten zu irreparablen Schäden führt.

Detailaufnahme eines Heliophons
Detail des Heliophons (Kat.-Nr. 5286) von Bruno Helberger nach 1940 erbaut. © Foto: Anne-Katrin Breitenborn
Objektfoto Synthesizer
Der EMS VCS 3 Synthesizer (Kat.-Nr. 5242) der unter dem Spitznamen "Putney" große Berühmtheit erlangte. © Foto: schnepp renou
Kinder probieren eine Klangstation im Museum aus.
Die interaktive Klanginstallation "The Idea of Tudor's Rainforest" (Kat.-Nr. 5751), von Ronald Kuivila in Aktion. Die hängenden Objekte sind mit Lautsprechern ausgestattet. Die Klänge können über ein Grafiktablett aktiviert und variiert werden. © Foto: Anne-Katrin Breitenborn

Vor diesem Hintergrund wurde die interaktive Klanginstallation „The Idea of David Tudor’s Rainforrest“ von Ronald Kuivila erörtert. Kann dieses Kunstwerk durch Restaurierung der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht werden, oder sollte vor Restaurierungsprozessen eine vollständige Dokumentation u.a. zur Nachvollziehbarkeit originaler Software-Bestandteile und elektronischer Komponenten in den Vordergrund gerückt werden?

Weitere Vorträge befassten sich mit dem Aspekt der Präsentation elektronischer Instrumente, die nicht nur in musikbezogenen Sammlungen beheimatet sind. Der Fokus liegt deutlich auf frühen und zugleich technisch einfachen Objekten. Betont werden dabei selten charakteristische musikalische Eigenschaften, vielmehr die technologischen Ideen. Aspekte der Originalität und somit auch des originalen Klanges sowie die Kontextualisierung mit einer Geschichte elektronischer Musikinstrumente sowie der Musikgeschichte im Allgemeinen bleibt überwiegend auf wenige Schlagworte begrenzt. Die Problematik bei Aufführungen von elektronischen Kompositionen, bzw. das Potential digitaler Nachempfindungen von Instrumenten als Softwareapplikationen, wiederum reichen bis in das Themenfeld historisch informierter Aufführungspraxis hinein.

Die Emulation solcher Instrumente in einer Aufführungssituation wird die Fragen nach Authentizität der Interpretation zwar nicht abschließend lösen können, darf aber unter entsprechend waltender Vorsicht als ein Schritt zum Versuch einer Lösung gelten. Hier schließt sich der Kreis wieder hin zur Interpretation des Begriffes „Instrument“ und dessen „Spiel“, auch im Sinne einer möglichen „Virtuosität“.

„Electronic Musical Instruments in Museum Collections“

Der Tagungsband wird bei Schott in der Reihe „Klang & Begriff“ und auf Englisch erscheinen, herausgegeben vom Staatlichen Institut für Musikforschung.

Aufgrund der Neuartigkeit dieses Themas für museale Sammlungen wurden auch sämtliche, den Vorträgen folgende Diskussionen in einer kurzen Form dokumentiert und werden im Tagungsband, der auf Englisch erscheinen wird, mit abgedruckt. Die abschließende Diskussion verdeutlichte die Dringlichkeit des Handlungsbedarfs bezüglich dieser Instrumentenform in Sammlungen und Museen, aber auch die Komplexität der Herausforderung.


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