Forschung und Praxis der Wissensproduktion und -Archivierung. Dialog mit Lateinamerika

News vom 19.10.2022

Bei den internationalen Workshops des Maria Sibylla Merian Centre Conviviality-Inequality in Latin America (Mecila) am Ibero-Amerikanischen Institut wurden neue Perspektiven auf Wissenszirkulation, epistemische Dialoge und bibliothekarische Infrastrukturen eröffnet.

Menschen sitzen in einem Sitzungssaal im Halbkreis, ein Mann spricht vor einer Präsentation
bundesfoto/Tanja Marotzke © Ibero-Amerikanisches Institut

Vom 12. bis 16. September 2022 fanden zwei miteinander verbundene Workshops im Rahmen des internationalen Verbundprojekts Mecila (Maria Sibylla Merian Centre Conviviality-Inequality in Latin America) am Ibero-Amerikanischen Institut (IAI) statt: der Institutional Workshop „Mecila’s Information Infrastructure“ und der Thematic Workshop „Latin American Knowledges in Circulation: Mediating Differences in Contexts of Conviviality“. Beide Workshops brachten Vertreter*innen verschiedener Bibliotheken sowie Forscher*innen aus Deutschland und Lateinamerika zusammen, um sich mit gemeinsamen Herausforderungen der De-Kolonialisierung von Informationsinfrastrukturen und Fragen von Open Science und epistemischen Dialogen auseinanderzusetzen. An den Workshops nahmen Bibliothekar*innen der verschiedenen Institutionen des Verbundprojekts Mecila, Vertreter*innen der Maria Sibylla Merian Centres CALAS in Guadalajara (Mexiko) und MECAM in Tunis (Tunesien) sowie der John-F.-Kennedy Bibliothek der Freien Universität Berlin teil.

Mit dem Ziel, die Verknüpfung der Wissensstrukturen des Projekts zu vertiefen, wurden Erfahrungen und Best Practices im Kontext von digitaler Transformation, Open Access und Open Data ausgetauscht sowie Strategien für die zukünftige Zusammenarbeit entwickelt. Die Quantenphysikerin Ana María Cetto (Universidad Autónoma de México) diskutierte in ihrer öffentlichen Keynote zum Thema „Medialisation in Science: From Idealism to Virtualism” die Herausforderungen der Wissensproduktion und -zirkulation vor dem Hintergrund globaler Krisen und Nord-Süd-Ungleichheiten.

Ein gemeinsamer Rundgang durch die Sammlungen des Ibero-Amerikanischen Instituts gab den Workshop-Teilnehmer*innen zudem die Gelegenheit, tiefere Einblicke in die Prozesse und Herausforderungen der Archivierung und Bereitstellung von Informationen im IAI zu gewinnen. Diese Innenansichten wurden durch die sich anschließende Podiumsdiskussion „Decolonizing Information Infrastructure?“ ergänzt, in der Grenzen und Möglichkeiten von Archiven (Bibliotheken, Sammlungen, Museen) als konviviale Kontexte ausgelotet wurden. Außerdem wurden innovative Beispiele im Umgang mit dem Kulturerbe Lateinamerikas vorgestellt. Im besonderen Fokus der Diskussion standen unter anderem Fragen der Sichtbarkeit bzw. Unsichtbarkeit marginalisierten Wissens in Archiven.

Bei der öffentlichen Keynote “The Encounter of Knowledges: Epistemic Dialogues in Unequal Contexts” beschäftigte sich die Anthropologin Margarita Valdovinos (Universidad Autónoma de México) inbesondere mit der Zirkulation von indigenem Wissen in Zusammenhang mit epistemischen Dialogen. In weiteren Podiumsdiskussionen wurden u.a. wissenschaftliche Karrieren und Strategien in Lateinamerika und Europa verglichen. Ebenso waren Narrative der Konvivialität in der Literatur eines der Themen.
Die akademischen Perspektiven der Vorträge und Diskussionen wurden durch einen gemeinsamen Besuch der ethnologischen Sammlungen zu den Amerikas im neu eröffneten Ostflügel des Humboldt Forums bereichert.

Der Workshop endete schließlich mit einer Abschlusssitzung zu den gewonnen Erkenntnissen, in der man sich auch über künftige Strategien hinsichtlich wissenschaftlicher Publikationen, Outreach und Vernetzung verständigte. Die Interdisziplinarität des Dialogs, die vergleichenden internationalen Perspektiven und die Verbindung von Theorie und Praxis der Wissensproduktion- und Archivierung, die kennzeichnend für die Workshops waren, wurden von den Teilnehmenden als sehr nutzbringend und inspirierend gelobt. Die Ergebnisse beider Workshops sollen als Teil der neuen Buch-Reihe von Mecila-Clacso im Open Access veröffentlicht werden.

Was ist Mecila?

Das Verbundprojekt Mecila besteht seit 2017. Das Zentrum erforscht vergangene und gegenwärtige Formen des sozialen, politischen und kulturellen Zusammenlebens in Lateinamerika und der Karibik und möchte zu einem besseren Verständnis von Konvivialität in vielfältigen und ungleichen Gesellschaften beitragen. In einem Konsortium deutscher und lateinamerikanischer Institutionen arbeitet das IAI zusammen mit der Freien Universität Berlin, der Universität zu Köln, der Universidade de São Paulo (USP), dem Centro Brasileiro de Análise e Planejamento (Cebrap), dem Instituto de Investigaciones en Humanidades y Ciencias Sociales (IdIHCS/Conicet) der Universidad Nacional de La Plata, und El Colegio de México. Mecila wird finanziert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Als Mitglied des Verbundprojekt Mecila koordiniert das Ibero-Amerikanische Institut den Forschungsbereich „Medialities of Conviviality“ und ist für die Informationsinfrastruktur des Verbundprojektes verantwortlich, was auch die Vernetzung der Bibliotheken sowie de Research Data Management des Mecila-Konsortiums beinhaltet.

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