Goethe-Medaille 2020 für Elvira Espejo Ayca

News vom 31.08.2020

Vergangenen Freitag wurde die Goethe-Medaille 2020 an die bolivianische Künstlerin Elvira Espejo Ayca verliehen. Barbara Göbel, Direktorin des IAI, würdigte sie als Brückenbauerin, die unterschiedliche Lebenswelten miteinander verbindet und innovative Räume für den kulturellen Austausch schafft.

Eine Frau blickt in die Kamera
© Elvira Espejo Ayca

Am 28. August wurde die diesjährige Goethe-Medaille, offizielles Ehrenzeichen der Bundesrepublik Deutschland, erstmals virtuell verliehen. Geehrt wurden die bolivianische multidisziplinäre Künstlerin Elvira Espejo Ayca, der britische Schriftsteller Ian McEwan und die südafrikanische Schriftstellerin, Verlegerin und Kuratorin Zukiswa Wanner für ihr herausragendes Engagement im internationalen Kulturaustausch. Dem Motto der Preisvergabe 2020 „Widerspruch ertragen – der Ertrag des Widerspruchs“ folgend, wurden die Preisträger*innen zugleich für die „Kraft kritisch reflektierender Kunst“ ausgezeichnet.

Elvira Espejo Ayca, geboren 1981, ist Dichterin, Essayistin, Musikerin und Weberin. Sie wuchs in einer Quechua und Ayamara sprechenden indigenen Gemeinschaft in Bolivien auf − dem Ayllu Qaqachaka (Provincia Eduardo de Avaroa, Departamento de Oruro). Sie musste zunächst mit kulturellen Normen brechen und ihren Herkunftsort verlassen, wo ihr eine höhere Bildung und berufliche Qualifikation versagt geblieben wären. Sie studierte Kunst an der Akademie der schönen Künste „Hernando Siles“ in La Paz. Ihre indigenen Wurzeln flocht sie immer wieder in ihre Arbeiten und Projekte ein. So beschäftigte sie sich mit nicht-geschriebenen Sprachen, mit traditionellen Gesängen und Instrumenten und insbesondere mit den Praktiken, Techniken und sozialen Verflechtungen der andinen Webkunst.

In ihrer Laudatio würdigte Prof. Dr. Barbara Göbel, Direktorin des Ibero-Amerikanischen Instituts, Elvira Espejo Ayca als eine „Brückenbauerin, die verschiedene Lebenswelten miteinander verbindet und trotz aller Differenz und Asymmetrien innovative Räume für den kulturellen Austausch schafft.“

Bezugnehmend auf den Anthropologen Francis B. Nyamnjoh ermutige das Zusammenleben, insbesondere in ungleichen Begegnungen, „unsere eigene Unvollständigkeit anzuerkennen. Es hält uns davon ab, Vollständigkeit zu beanspruchen, und privilegiert auf diese Weise das Gespräch (conversation) gegenüber der Bekehrung (conversion)“. In diesem Sinne greife Elvira Espejo Ayca in ihrer Arbeit und durch ihr öffentliches Engagement „eine der zentralen Herausforderungen des gesellschaftlichen Lebens auf: das Zusammenleben in diversen und ungleichen Gesellschaften. Sie zeigt uns Wege auf, mit Wissensasymmetrien umzugehen und eröffnet eine Perspektive, die es uns erlaubt, eine zunehmend verflochtene und globalisierte Welt auf eine stärker dezentrierte und multipolare Art und Weise zu verstehen.“

Der Festakt mit allen Beiträgen und Laudationen in englischer Sprache hier zum Nachschauen.

Am 7. Oktober um 18.00 Uhr zeichnet Elvira Espejo Ayca in einen virtuellen Vortrag den Wandel in der Wahrnehmung des Textilen der Anden von einem materiellen Objekt zu einem Subjekt nach, in das vielfältige soziale Beziehungen eingewoben sind (Vortrag und Gespräch in spanischer Sprache). Weitere Informationen in Kürze im Veranstaltungskalender des IAI.

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