Klingt gut, aber was ist das?

13.06.2017Klingt gut, aber was ist das?

Ein kleines Lexikon zu den Schätzen des Musikinstrumenten-Museums

Illustrationen: Studio Pong, Text: Gesine Bahr-Reisinger

Wurstfagott/Ranckett
Wurstfagott/Ranckett © SPK/Studio Pong

Wurstfagott/Ranckett

Hat weder etwas mit Fleischbrät noch mit Ballsport zu tun, sondern ist ein Meisterwerk der Platzeffizienz: Was sich beim Fagott über gut 1,50 Meter in die Länge streckt – die Röhre – wurde hier spiralförmig aufgewickelt ins Innere einer handlichen Büchse verfrachtet. Man sieht die „Wurst“, ergo das aufgewickelte Rohr, also gar nicht. Zum Klang schrieb Praetorius im 17. Jahrhundert: „von einem guten Meister geblasen […], ist es ein lieblich Instrument, sonderlich im Baß anmuthig und wol zu hören.“

Pochette

Gehört zu den ältesten Streichinstrumenten: Die Geige für die Tasche erlebte bei den Tanzlehrern an den europäischen Höfen im 18. Jahrhundert eine Renaissance – obwohl sie wegen fehlendem Resonanzkörper einen eher dünnen Klang erzeugte. Geschätzt war sie wohl vor allem wegen ihrer leichten Handhabbarkeit, die es erlaubte, gleichzeitig zu spielen und die Tanzschritte vorzumachen. Und so wurde auch der junge Mozart zu den Klängen einer Pochette in die Tanzkunst eingewiesen.

Pochette
Pochette © SPK/Studio Pong
Orthotonophonium
Orthotonophonium © SPK/Studio Pong

Orthotonophonium

Es geht um die reine Stimmung – beim Orthotonophonium ist das wörtlich zu nehmen. Von 1876 bis 1916 tüftelte sein Erbauer Arthur von Oettingen an dem Harmonium mit fünf übereinanderliegenden Tastenreihen, das anders als gewöhnliche Tasteninstrumente auch beim Gang durch verschiedene Tonarten reine Intervalle und Akkorde spielen kann. An diesem Experimentierinstrument zeigt sich sehr schön der Zusammenhang von Mathematik und Musik.

Trumscheit

Das auch als „Nonnengeige“ bekannte Trumscheit ist der „Pharisäer“ beziehungsweise die „Maultasche“ unter den Instrumenten: wie sich unter der Sahne des Getränks der Alkohol und im Nudelteig das Fleisch vor Gottes Augen versteckt, konnten die heiligen Schwestern mit diesem Streichinstrument einen trompetenähnlichen Ton erzeugen – ihnen waren Blasinstrumente nämlich verboten. Schlägt die Saite auf den Schnarrsteg, entsteht der falsche Trompetenklang.

Trumscheit
Trumscheit © SPK/Studio Pong
Äolsharfe
Äolsharfe © SPK/Studio Pong

Äolsharfe

Man kennt die Äolsharfe als Symbol für Wehmut bei Goethe – und es gibt sie wirklich. Spielen tut sie der Wind, was ihre ätherisch-entrückte Symbolkraft erklärt. Alle Saiten sind auf denselben Ton gestimmt, aber von unterschiedlicher Stärke. Je nach Windstärke verändert sich die Intensität der Töne. Man pflegte Äolsharfen ans geöffnete Fenster zu stellen, um sich bei Durchzug von den wechselvollen Klängen meditativ inspirieren zu lassen.

Orphika

Der Name des tragbaren Wanderklaviers geht auf die Sagengestalt Orpheus zurück, der ja bekanntlich mit seinem Gesang wilde Tiere zähmen und Felsen zum Weinen bringen konnte. Um es ihm gleichzutun, musste man aber erstmal ins Freie gelangen, was die Erfindung der Orphika dann ab dem 18. Jahrhundert erlaubte. Ob die Klaviatur von rund 37 Tönen dazu reicht, ist nicht überliefert. Bei der Orphika selbst verhält es sich ähnlich: Weltweit sind nur noch rund 30 Exemplare erhalten.
Orphika
Orphika © SPK/Studio Pong
Glasharmonika
Glasharmonika © SPK/Studio Pong

Glasharmonika

Erfunden 1761 von Benjamin Franklin, wurde sie für ihre betörend ätherischen Klänge von Goethe, Schiller und Herder geschätzt. Mozart und Beethoven komponierten für die Glasharmonika und auch Richard Strauss setzte sie ein. Vom Prinzip her handelt es sich um überdimensionierte Weingläser, die in eine mechanische Nähmaschine montiert wurden. Tritt man den Antrieb, drehen sich die Glashalbkugeln, sodass ein feuchter Finger die klagenden Klänge in der gewünschten Höhe erzeugen kann.

Dulzian

Bruder des Großbasspommers, Sohn der Schalmei, Vater des Fagotts, Onkel der Oboe: Der Dulzian hat eine große Verwandtschaft. Er wurde Anfang des 16. Jahrhunderts entwickelt und gehört somit zum älteren Teil der Familie der Holzblasinstrumente mit Doppelrohrblatt. Sein Name geht auf das lateinische Wort für „süß“ zurück – wohl wegen seiner, zumindest im Vergleich zum Pommer, lieblichen Klänge.
Dulzian
Dulzian © SPK/Studio Pong
Schulführung im Musikinstrumenten-Museum, im Vordergrund Cembali aus dem 18. Jahrhundert
© SPK / Pierre Adenis

Staatliches Institut für Musikforschung

Das Staatliche Institut für Musikforschung ist das größte außeruniversitäre Forschungszentrum für Musikwissenschaft in Deutschland. Es widmet sich der historisch-theoretischen Reflexion über Musik und deren Vermittlung. Hierfür präsentiert es in seinem Musikinstrumenten-Museum die Entwicklung der europäischen Kunstmusik vom 16. bis zum 21. Jahrhundert für ein breites Publikum. Bereits 1888 gegründet, besitzt das Museum über 3.000 historische Musikinstrumente und bietet vielfältige Veranstaltungen – vom wissenschaftlichen Symposium, über Konzerte, bis hin zu interaktiven Klanginstallationen.

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