Bodo Buczynski, bis 2015 Chefrestaurator der Skulpturensammlung und des Museums für Byzantinische Kunst

Gleichstellungsbeauftragter vom Bode-Museum

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Restaurator Bodo Buczynski erinnert sich, wie mit der Mauer auch der Status seiner Kollegen fiel.

Kaum war die Mauer gefallen, kam Wolf-Dieter Dube zu mir und sagte: „So! Sie gehen jetzt rüber. Sie schaffen das.“ Bis dahin hatte ich nur wenige Kontakte zum Bode-Museum gehabt. Zum Stadtmuseum und nach Dresden schon – aber mit den Staatlichen Museen war es schwieriger gewesen. Da ich selbst erst ein Jahr zuvor Leiter der Restaurierungswerkstatt in Dahlem geworden war, stellte ich mir eigentlich eine Kooperation mit dem Werkstattleiter aus dem Osten vor, aber das wollte Dube nicht. Es sollte nur einen Leiter geben. Und so habe ich versucht, eine kollegiale Zusammenarbeit zwischen den Kollegen herzustellen und nicht als Besserwessi aufzutreten.

Eines war mir sofort klar: Ich würde nicht fragen, wer in der Partei gewesen war. Wusste ich denn, wie ich mich in der DDR verhalten hätte? Mein Vater war Pole, ich bin in Deutschland geboren, bekam aber erst mit zehn Jahren die deutsche Staatsangehörigkeit. Als sogenannter Polack in einem kleinen Ort am Niederrhein – ich weiß, was Vorurteile sind.

Natürlich hatte ich dann selbst mit Vorurteilen zu kämpfen, als ich der Leiter der zusammengelegten Restaurierungswerkstatt wurde. Die Mitarbeiter im Osten hatten Sorge, dass ich ihre Arbeitsmethoden infrage stellen und sie bevormunden könnte. Manche mochten mich vielleicht auch nicht, weil ich Cabrio fuhr und auf meinem Rücksitz ein Tennisschläger lag.

Und es kam noch etwas hinzu: Die Restauratoren im Osten hatten alle studiert, während ich bei freien Restauratoren und in Denkmalämtern ausgebildet worden war. Es wurde ihnen also ein Chef ohne Hochschulabschluss vor die Nase gesetzt.

Bald merkte ich, dass das theoretische Wissen um das Material im Osten sogar besser war. Und was die Konservierung und die Restaurierung angeht, wurde auf beiden Seiten gleich gearbeitet. Das sieht man sehr schön an der Naumburger Gruppe. Durch die Teilung der Sammlung war die Maria in West-Berlin gelandet und das Kruzifix im Ost-Teil verblieben. In den späten Sechzigerjahren sind beide Skulpturen restauriert worden, ohne dass die Kollegen miteinander kommuniziert hätten. Die Methoden waren identisch und beide stehen nun gleichwertig nebeneinander.

Bodo Buczynski, bis 2015 Chefrestaurator der Skulpturensammlung und des Museums für Byzantinische Kunst
Bodo Buczynski © SPK / Werner Amann
Bode-Museum
© Staatliche Museen zu Berlin / Bernd Weingart

Bodo Buczynski

Geboren 1949 in Süchteln
Von 1988 Chefrestaurator der Skulpturensammlung (West-Berlin), von 1990-2015 Chefrestaurator der Skulpturensammlung und des Museums für Byzantinische Kunst im Bode-Museum

Bald schon, nachdem wir von Dahlem auf die Museumsinsel gezogen sind, bauten wir neue Ateliers aus. Ich wollte nicht ins Untergeschoss des Bode-Museums, sondern in die Beletage einziehen und glücklicherweise bekamen wir auch die gewünschten Räume. Das fanden die Mitarbeiter gut: Da kommt jemand, der sich für die Belange der Restauratoren einsetzt und funktioniert einen Ausstellungsraum zu einer Werkstatt um.

Wir haben es auch geschafft, alle Magazine im Bode-Museum unterzubringen, sodass zwischen Restauratoren und Kunsthistorikern ein direkter wissenschaftlicher Dialog möglich ist. Das war noch so ein Unterschied zum Westen – in der DDR haben Restauratoren und Kunsthistoriker gleichberechtigt nebeneinander gearbeitet. Im Westen dagegen war der Wissenschaftler höher angesehen und ist es wohl bis heute.

Für die Restauratoren im Osten bedeutete die Vereinigung mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz gewissermaßen eine Abwertung. Noch heute bin ich meinen Ost-Kollegen dankbar, dass wir gemeinsam versucht haben, den Stellenwert der Restauratoren aufzuwerten. Lange Zeit war ich der Sprecher der Restauratoren innerhalb der Stiftung und in dieser Funktion habe ich Generaldirektor Dube vorgeschlagen, eine Restauratorenkonferenz einzurichten, vergleichbar mit der Direktorenkonferenz der Wissenschaftler, auf der Probleme und Belange besprochen werden.

Dube gefiel die Idee und diese regelmäßigen Treffen gibt es heute noch. Mit der finanziellen Gleichstellung der Restauratoren tut sich die Stiftung jedoch immer noch schwer. Aber ich hoffe, dass mit dem neuen Tarifvertrag in dieser Hinsicht positive Änderungen für die Restauratoren kommen.

Die Generalsanierung des Hauses hat die Mitarbeiter aus Ost und West schließlich endgültig zusammengeschweißt – und der gemeinsame Widerstand gegen den Wiener Architekten Heinz Tesar. Seit den Fünfzigerjahren war das Bode-Museum in der DDR sehr behutsam restauriert worden. Dabei wurde besonders darauf geachtet, die Räume in ihren ursprünglichen Strukturen zu erhalten. Der Architekt Tesar wollte das nun viel moderner haben.

Noch heute bin ich meinen Ost-Kollegen dankbar, dass wir gemeinsam versucht haben, den Stellenwert der Restauratoren aufzuwerten.

Er wünschte sich Durchbrüche in der großen Kuppel, damit mehr Licht hineinkommt. Er wollte Fenster nach unten ziehen und massiv in den Bau eingreifen, aber das konnte er bei Arne Effenberger, dem Direktor der Skulpturensammlung und mir, dem Baubeauftragten, nicht durchsetzen. Stattdessen führten wir die Arbeit zu Ende, die in der DDR begonnen worden war. Die ausgelagerten Decken sind wieder ins Haus hineingekommen und die Schieferbedachung der Kuppeln wurde durch eine Kupferdeckung ersetzt.

Überhaupt haben während der Generalsanierung alle an einem Strang gezogen. Die Zusammenarbeit zwischen Kunsthistorikern und Restauratoren war eng und fachlich kompetent, und Professor Effenberger hat die Restauratoren gleichwertig wie Wissenschaftler angesehen und auch so behandelt.

Als Fazit würde ich heute sagen: Wir hätten bei der Zusammenlegung mehr von den Strukturen im Ostteil übernehmen können, vor allem die Gleichstellung der Restauratoren mit den Kunsthistorikern und deren Vergütung.

Bode-Museum

Das Bode-Museum der Staatlichen Museen zu Berlin krönt die Nordspitze der Museumsinsel. In dem 1904 vollendeten Gebäude befinden sich heute die Skulpturensammlung, das Museum für Byzantinische Kunst und das Münzkabinett. Zudem werden dort rund 150 Bilder der Gemäldegalerie präsentiert.
Die Konzeption des als Kaiser-Friedrich-Museum errichteten Gebäudes geht auf Ideen der Kronprinzessin Victoria aus den frühen 1880ern zurück, die Wilhelm von Bode in die Praxis umsetzte. 1956 erhielt es nach seinem geistigen Schöpfer den bis heute beibehaltenen Namen: Bode-Museum.

Website des Bode-Museums