Teilnehmer des Workshops zum Humboldt Forum in Johannesburg

Kritische Quellenarbeit: Die Humboldt Forum-Macher in Südafrika

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Wie stellt man die Afrikanischen Sammlungen des Ethnologischen Museums heute aus? Darüber diskutierten Museumsmacher aus den Herkunftsländern mit Vertretern des Humboldt Forums im Februar 2016 in Johannesburg.

Zu dem Workshop des Goethe-Instituts im Februar 2016 war neben Viola König, Jonathan Fine und Paola Ivanov vom Ethnologischen Museum der Staatlichen Museen zu Berlin, und Neil MacGregor, dem Leiter der Gründungsintendanz, auch Hermann Parzinger nach Südafrika gereist. Im Gespräch berichtet der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Mitglied der Gründungsintendanz des Humboldt Forums von Ergebnissen und Erkenntnissen des Treffens.

Teilnehmer des Workshops zum Humboldt Forum in Johannesburg

Teilnehmer des Workshops zum Humboldt Forum in Johannesburg © Goethe-Institut Johannesburg / Benjamin Keuffel

Was sagt man in Johannesburg eigentlich zur Idee des Humboldt Forums?

Hermann Parzinger: Alle waren begeistert und natürlich auch sehr interessiert daran, dem Projekt das mit auf den Weg zu geben, was ihnen wichtig ist, genau deshalb sind wir ja auch nach Johannesburg gereist. Teilgenommen haben Kuratoren, Kulturwissenschaftler und und Kulturschaffende aus allen Teilen Afrikas südlich der Sahara: aus Togo, Tansania, Kenia, Senegal, Angola und Südafrika, die sich alle sehr genau über das Projekt informiert hatten. Einige der Anwesenden hatten wir bei früheren Gelegenheiten bereits getroffen. In dieser Runde haben wir am zweiten Tag Arbeitsgruppen gebildet, bestehend jeweils aus einer Person unserer Berliner „Abordnung“, jemandem vom Goethe-Institut und drei bis fünf afrikanischen Kollegen. In dieser Konstellation wurden dann zentrale Themen des Humboldt Forums behandelt: Wie kann eine Zusammenarbeit afrikanischer Partner mit dem Humboldt Forum verstetigt werden? Wie sollte man mit den unterschiedlichen Perspektiven auf die Sammlungen umgehen? Welchen übergeordneten Zielen sollten Bildung und Vermittlung verpflichtet sein? Im Laufe des Workshops haben wir gemeinsam einen ganzen Katalog an Überlegungen erarbeitet, die dann zum Abschluss noch einmal vorgetragen und diskutiert wurden. Es war eine sehr effektive Veranstaltung mit aus meiner Sicht wirklich guten Ergebnissen.

Es gilt, eine Symmetrie des Dialogs herzustellen.

Welche Anliegen und Anmerkungen kamen von afrikanischer Seite?

Ein großer Teil unserer Sammlungen stammt aus dem Zeitalter des Kolonialismus. Das heißt aber nicht, dass sie alle in einem kolonialen Kontext entstanden sind und damit per se einen Unrechtshintergrund haben. Unseren Kollegen war sehr wichtig, dass wir auch die Entwicklung Afrikas nach dem Kolonialismus im Humboldt Forum beleuchten. Durch die vor 100 Jahren entstandenen Sammlungen soll kein koloniales Bild Afrikas perpetuiert werden. Ihnen war wichtig, im Humboldt Forum ein Bewusstsein dafür zu schaffen, was Afrika heute ist. Die Frage nach der Restitution von Objekten hat hingegen nur peripher eine Rolle gespielt. Die Agenda war für unsere afrikanischen Kollegen eigentlich eine andere: eine Symmetrie des Dialogs herzustellen, ein anderes Bild von Afrika zu zeigen und neue, partnerschaftliche Kooperationsformen zu entwickeln.

Was wurde noch besprochen?

Die Kooperation mit allen Herkunftsländern und die Einbeziehung indigener Gesellschaften ist für uns wichtiger Bestandteil bei der Planung und Konzeption der Sammlungspräsentation. Darum haben wir in Johannesburg mit unseren afrikanischen Kollegen erörtert, wie diese Partizipation künftig aussehen kann. Wir haben besprochen, dass der Austausch von Ausstellungen oder die Ausleihe von Objekten an afrikanische Museen wichtige Formen der Teilhabe und des Miteinanders sein können. Die freie Zirkulation von Kulturgütern halten wir alle für ein wichtiges kulturpolitisches Ziel für die Zukunft. Das Humboldt Forum wird solchen Ideen gegenüber sehr offen sein, weil das ein sehr guter Weg zu neuen Partnerschaften und Kooperationsformen ist. Ein ebenfalls wichtiges Thema war die Digitalisierung. Diese ermöglicht es ja, die Sammlungen und das dazugehörige Hintergrundwissen Interessierten in aller Welt virtuell frei zugänglich zu machen. Wir haben auch über „capacity building“ gesprochen, also darüber, wie man wissenschaftliche Aus- und Weiterbildung und den professionellen Austausch fördert – mehrdimensional natürlich. Dabei geht es nicht nur um die Weiterbildung afrikanischer Kuratoren bei uns, sondern auch um den umgekehrten Ansatz, dass nämlich genauso unsere Kuratoren Internships in afrikanischen Museen machen können, um dortige Herangehensweisen und Denkansätze besser zu verstehen.

Das Humboldt Forum muss ein Bewusstsein dafür schaffen, was Afrika heute ist.

Wie geht es jetzt in Berlin weiter?

Unsere Vorbereitungen für die Sammlungspräsentation im Humboldt Forum sind schon gut vorangeschritten. Raum für Anpassungen wird allerdings noch nötig sein. An der einen oder anderen Stelle wäre auch zu überlegen, ob man einzelne Themenmodule über verbindende Aspekte im Sinne einer klareren Erzählstrategie noch stärker verknüpft. Und es geht vor allem um die Frage des Gegenwartsbezugs. Es gilt, die konstruktive Arbeit in diesem Workshop und andere Arten der Partizipation in eine praktikable Form der Zusammenarbeit zu überführen und zu verstetigen.


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