Nur am Eingang des Instituts findet sich eine goldene Referenz an Scharouns Philharmonie

Früher war mehr Gold

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Die Bauten am Kulturforum werden in den Architekturikonenhimmel gelobt und als stadtplanerischer Albtraum verrissen. Aber wie sieht es mit dem Staatlichen Institut für Musikforschung aus?

Als Hans Scharoun in den 1960er-Jahren das Kulturforum plante, war dort, wo heute der Eingang zum Musikinstrumenten- Museum liegt, noch eine vielspurige Stadtautobahn mit ausgiebigen Zu- und Abfahrtsrampen geplant. Von hier aus blickte man über den Hermann-Mattern-Garten auf die frei stehende Philharmonie. Doch wie sich Neubauviertel um alte Ortskerne legen, so hat Edgar Wisniewski nach dem Tod seines Lehrers und späteren Partners Hans Scharoun die Philharmonie mit mehreren Neubauten umstellt.

Statt der oberirdischen Stadtautobahn wurde inzwischen der Tiergartentunnel realisiert, der gnädig einen Teil des Autoverkehrs verschwinden lässt. Und so steht das Musikinstrumenten-Museum heute an der (immer noch fünfspurigen) Ben-Gurion-Straße als schmächtiges Pendant zum massiven Sony Center. 

 

Nur am Eingang des Instituts findet sich eine goldene Referenz an Scharouns Philharmonie
Nur am Eingang des Instituts findet sich eine goldene Referenz an Scharouns Philharmonie © SPK/Tina Willim
Das Staatliche Institut für Musikforschung liegt an der fünfspurigen Ben-Gurion-Straße
Das Staatliche Institut für Musikforschung liegt an der fünfspurigen Ben-Gurion-Straße © SPK/Tina Willim
Obergeschoss mit Lampen von Günter Ssymmank, die auch in der Philharmonie und in der Staatsbibliothek hängen (öffnet Vergrößerung des Bildes)
Obergeschoss mit Lampen von Günter Ssymmank, die auch in der Philharmonie und in der Staatsbibliothek hängen © SPK/Tina Willim
Der Architekt Edgar Wisniewski sah sein Musikhaus hinter einer grauen Natursteinfassade (öffnet Vergrößerung des Bildes)
Der Architekt Edgar Wisniewski sah sein Musikhaus hinter einer grauen Natursteinfassade © SPK/Tina Willim
Hinter den Lamellen befindet sich die institutseigene musikwissenschaftliche Bibliothek
Hinter den Lamellen befindet sich die institutseigene musikwissenschaftliche Bibliothek © SPK/Tina Willim
Den Teppich kenn ich doch! Wie in der Staatsbibliothek steht auch diese grüne Auslegeware unter Denkmalschutz
Den Teppich kenn ich doch! Wie in der Staatsbibliothek steht auch diese grüne Auslegeware unter Denkmalschutz © SPK/Tina Willim
Decke im Seminarraum des SIM  (öffnet Vergrößerung des Bildes)
Decke im Seminarraum des SIM © SPK/Tina Willim
Der Himmel über dem Institut: Deckenverkleidung im Folkloresaal  (öffnet Vergrößerung des Bildes)
Der Himmel über dem Institut: Deckenverkleidung im Folkloresaal © SPK/Tina Willim
Schulführung im Musikinstrumenten-Museum, im Vordergrund Cembali aus dem 18. Jahrhundert
© SPK / Pierre Adenis

Von außen wirkt der Bau etwas unentschieden. Bezüge zur Philharmonie, mit der er auch direkt verbunden ist, sind deutlich erkennbar, aber der organischen Eleganz der Scharoun’schen Baukunst hat die postume „Aktualisierung“ der 1980er-Jahre nicht gutgetan. Eine sich markant nach außen abzeichnende Großform wie bei Staatsbibliothek und Philharmonie sucht man bei diesem mit grauem Naturstein verkleideten Baukörper vergeblich. Schon bei der Staatsbibliothek bleiben einem ja die vorgelagerten Baustrukturen schwer verständlich, doch lässt dort die goldene Großform schon das grandiose Innere erahnen. Aber nicht so hier, wo einem eher Löschwasserstutzen, Parkplatzschranken, Fahrradständer und weiterer Unbill des städtischen Alltags ins Auge fallen, wo das zergliederte Bauwerk eine markante Außenform bewusst vermeidet.

Durchschreitet man aber die etwas ungelenke Eingangssituation, so offenbart sich dann doch überraschend ein von Tageslicht durchfluteter Großraum, der noch mal all die Stärken der organischen Baukunst entfaltet. In einer angenehmen Atmosphäre aus Licht, Holz, Teppich und Naturstein in warmen Farben entfaltet sich der fließende Raum über leicht versetzte, terrassenartige Ebenen.

In verblüffender Geschmeidigkeit durchströmt der Raum das Untergeschoss mit seinem Museumscafé und weitet sich im Obergeschoss zu einem Performance-Bereich.

Recht zentral prangt das zum Raum gewordene Instrument der Kinoorgel Mighty Wurlitzer. An den Rändern hingegen steht man immer wieder vor verwaisten Raumbereichen, in denen die überbordenden Architektenwünsche nach Durchfluss und Verknüpfung an den Widrigkeiten des Museumsalltags zerschellen und sich dieser Konflikt ungewollt baulich manifestiert. Und an der gestalterischen Unbeholfenheit manchen Geländers, Raumteilers oder mancher Treppenwange ist dann doch zu sehen, dass ein Wisniewski eben kein Scharoun ist.

Staatliches Institut für Musikforschung

Das Staatliche Institut für Musikforschung ist das größte außeruniversitäre Forschungszentrum für Musikwissenschaft in Deutschland. Es widmet sich der historisch-theoretischen Reflexion über Musik und deren lebendiger Vermittlung. Hierfür präsentiert es in seinem Musikinstrumenten-Museum die Entwicklung der europäischen Kunstmusik vom 16. bis zum 21. Jahrhundert für ein breites Publikum. Bereits 1888 gegründet, besitzt das Museum über 3.000 historische Musikinstrumente und bietet vielfältige Veranstaltungen – vom wissenschaftlichen Symposion über Gesprächs-Konzerte auf historischen Instrumenten bis hin zu interaktiven Klanginstallationen.