Kommt Beethovens 10. Sinfonie?

News vom 03.07.2020

Künstliche Intelligenz soll das Fragment vollenden – Die Leiterin der Musikabteilung der Staatsbibliothek ist skeptisch

Skizze einer Musikpartitur
Staatsbibliothek zu Berlin - PK

Sie ist wieder zu sehen, aber nur noch bis zum 24. Juli: die Ausstellung „Diesen Kuss der ganzen Welt!“ über die Beethoven-Sammlung der Staatsbibliothek zu Berlin. Nicht jedem ist bekannt, dass sich im Haus Unter den Linden die weltweit bedeutendste Sammlung von Notenhandschriften Ludwig van Beethovens und zudem wichtige biografische Quellen befinden. Zu den Schätzen der Sammlung zählen Spitzen-Autographe, die zu ihrem Schutz nur sehr selten im Original gezeigt werden dürfen. Darunter ist auch das Originalmanuskript der 9. Sinfonie Beethovens. Vor einiger Zeit machte die Nachricht die Runde, dass mithilfe von künstlicher Intelligenz die Fragment gebliebene 10. Sinfonie zu Ende komponiert und im November in Bonn erstmals aufgeführt werden soll. Ein internationales Team aus Musikwissenschaftlern und Komponisten, dem Pianisten Robert Levin und Computerexperten versuchte einen Algorithmus so zu trainieren, dass die fehlenden Passagen im Beethovenschen Sinne ergänzt werden.

Martina Rebmann, die Leiterin der Musikabteilung der Staatsbibliothek, ist skeptisch ob des Experiments: „Zur 10. Sinfonie gibt es nur Skizzen von Beethoven. 1988 wurden die ausgearbeiteten Skizzen zum 1. Satz in London öffentlich aufgeführt, was damals schon umstritten war. Inzwischen wird versucht, mit künstlicher Intelligenz das Komponieren Beethovens zu analysieren und zu übertragen. Aber gerade bei einem solchen Komponisten, der sich bei keinem Werk in ein Schema pressen lässt und bei seinen Sinfonien mit jeder weiteren Komposition stets neue Grenzen in der musikalischen Gattung verschoben hat, halte ich das für gewagt.“ Halten wir uns also an das, was vollendet ist, und davon ist in der erwähnten Ausstellung viel zu sehen – von „Fidelio“ bis „Missa Solemnis“. Und nicht zu vergessen die sogenannten Konversationshefte, die „Gespräche“ dokumentieren, die der ertaubte Komponist mit Besuchern und im vertrauten Kreise unter Zuhilfenahme von Papier und Bleistift führte.

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